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sich sehr bezeichnend von dieser Zeit an die sonst so bescheidenen Mönche der Kathedrale – sich Hoffnung auf diese Würde machen. Mönchsleben war bis dahin wenig begehrt von angesehenen Leuten; von nun an aber drängte der umwohnende Adel seine Mitglieder in die Domkapitel und wir finden seitdem selten andere als adelige Domherren. Der zu wählende Bischof mußte vorher einen Vertrag mit den Domherren machen – eine Wahlcapitulation – worin er von seinen Einkünften und Vorrechten etwas den Domherren abgab. Um recht viel zu erhalten, wurden oft absichtlich schwache Männer erwählt.

Dies Verhältniß, welches sich in seinen Hauptzügen im ganzen Deutschland wiederholte, war im Erzbisthum Bremen vollkommen ausgebildet. Wenn daher irgend ein Angriff auf die geistliche Gewalt gemacht wurde, wie zur Zeit der Reformation, so waren beide, Bischof und Capitel, gezwungen, ihre Macht zusammen zu legen, um dem gemeinsamen Feinde zu begegnen. Wenn sie das nicht konnten oder wollten, so waren sie besiegt.

Im Anfang stand der Bischof an der Spitze des Clerus und ernannte sämmtliche hohe und niedere Geistliche. Weil aber bei dem bedeutenden Umfange der Bisthümer nicht wohl Alles von ihm allein besorgt werden konnte, so wurde ein Mittelglied eingefügt. Das waren die Archidiakonen. Man kann sie in Beziehung auf den Umfang ihrer Sprengel und manche Amtsthätigkeit mit den jetzigen Superintendenten vergleichen, aber ihre Macht war bei weitem ausgedehnter. Sie besaßen bedeutende Einkünfte und große Befugnisse, ernannten sämmtliche Geistliche in ihren Dörfern und übten – mit Ausnahme der unmittelbar unter dem Bischof stehenden Klöster – die umfassendste Kirchendisciplin aus. Durch diese neue Gliederung behielt aber doch der Bischof die ihm nöthige centralisirte Gewalt, denn die Archidiakonate wurden von ihm allein besetzt und blieben völlig abhängig. Die Macht der Archidiakonen war sehr groß, aber es war immer nur eine geliehene Macht.

Lange sehnten sich die Domherren nach Vergrößerung ihrer Gewalt und blickten neidisch auf die Befugnisse der

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Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 092. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_092.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)