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beherrscht durch den Strom; einen bedeutenden Bruchtheil der Bodenfläche, gewiß zuweilen an 7/10 reichend, nimmt seine Seitenverzweigung, jenes Entwässerungsnetz, ein.

Aus der Erhaltung dieser Anstalten, aus der Natur des schweren, wassergetränkten Bodens folgt die schwere Arbeit des Marschbewohners. Wer den Arbeiter zum ersten Male „kleien“, „kuhlen“ oder „pütten“ sieht, dieses Aufschlagen des düngenden Schlicks aus Gräben oder größeren Gruben und seine Vertheilung über den Acker, wer den Mann dabei beobachtet, wie er fast den ganzen Tag quälend im Wasser steht, der wird der Kraft und guten Natur seine Bewunderung nicht versagen. So erfordert die Ernte, die Saat, ein Drängen und Treiben, wie nirgend sonst, weil nirgend auf solche Weise alles vom Wetter bedingt ist. Und des Mannes Mühe theilt sein Thier, 4–6 Pferde sieht man den Pflug schwer arbeitend durch den zähen Boden ziehen; dafür ist aber auch der Menschenschlag derb und kräftig (das Alte Land nehmen wir hier vollständig aus), stämmige, massenhafte Gestalten bei beiden Geschlechtern. Auch bei den reichen Besitzern ist dabei in der Regel die Bewegung schwerfällig; die Gesichtszüge haben wenig Individuelles, es ist ziemlich derselbe ovale Schnitt, das blühende Aussehen, aber wenig markirte, auf geistiges reges[1] Leben deutende Züge. Die sinnliche Welt waltet vor in jeder Beziehung. Der Arbeit und dem Körper entspricht die Kost, nahrhaft wie eine, die „Klütchen“ aus Weizenmehl und das Fleisch; selbst der Tagelöhner lebt, wie mancher Bauer des Oberlandes für sich vergeblich es wünschen würde; und er muß es bei der schweren Arbeit. Der hohe Tagelohn, an 12 ggl.[2] den Tag in hiller Zeit, setzt ihn dazu in den Stand.


  1. Vorlage: geistige sreges
  2. Gutegroschen
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 037. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_037.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)