Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 239.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

neue Gräuel erzählen. Professor Meyer[1] wollte in seinem Hause bleiben, aber die fliehenden Preußen ließen drei Pulverwagen dicht vor seinem Hause stehen, wovon einer ganz zerbrochen war, daß das Pulver umher lag. Meyer konnte also nicht bleiben; er eilte zu seinen Schwiegereltern, die nicht weit von Kühn’s wohnen. Auch hierher drangen die Unholde, raubten Alles, trieben zuletzt mit Gewalt die unglückliche Familie zum Hause hinaus, welche zusehen mußte, wie man ihre Habseligkeiten ordentlich auf Wagen lud und fortfuhr. Meyer’s Schwiegervater ist ein alter kränklicher, hypochondrischer Mann, der eine Casse zu verwalten hat und ängstlich Ordnung liebt. Goethe sagte mir nachher, er hätte nie ein größeres Bild des Jammers gesehen, als diesen Mann im leeren Zimmer, rund um ihn alle Papiere zerrissen und zerstreut. Er selbst saß auf der Erde, kalt und wie versteinert. Goethe sagte, er sah aus, wie König Lear, nur daß Lear toll war, und hier war die Welt toll. Ich habe Meyern und einigen Anderen mit den Hemden und anderer Wäsche Deines Vaters ausgeholfen, bis sie sich wieder welche anschaffen können; auch mit unserm


  1. Der bekannte Kunstkenner, Goethe’s Freund.
Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 239. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_239.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)