Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 216.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

glaubte bestimmt, die Franzosen zögen nach Leipzig, Alles könne gut werden, wir wären nicht in Gefahr. Kurz darauf meldete man mir einen Unbekannten. Ich trat ins Vorzimmer und sah einen hübschen ernsthaften Mann im schwarzen Kleide, der sich tief mit vielem Anstande bückte und mir sagte: »Erlauben Sie mir, Ihnen den Geheimen Rath Goethe vorzustellen.« Ich sah im Zimmer umher, wo der Goethe im Bildnisse wäre; denn nach der steifen Beschreibung, die man mir von ihm gemacht hatte, konnte ich in diesem Manne ihn nicht erkennen. Meine Freude und meine Bestürzung waren gleich groß und ich glaube, ich habe mich deshalb besser benommen, als wenn ich mich darauf vorbereitet hätte. Als ich mich wieder besann, waren meine beiden Hände in den seinigen, und wir auf dem Wege nach meinem Wohnzimmer. Er sagte mir, er hätte schon gestern kommen wollen; beruhigte mich über die Zukunft und versprach wieder zu kommen. Der Tag ging ruhig hin, Lager und Alles blieb wie es war. Den Abend kam der General von Kalkreuth; er hatte sich’s ausgebeten, mich allein zu finden und ich war allein. Er war gegen mich wie sonst, übrigens rieth er mir auch zu bleiben bis zum Nothfall, schien sehr unzufrieden mit dem Gange der Dinge, sagte mir, die

Empfohlene Zitierweise:
Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_216.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)