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feingeformten Nase über den Augen nur durch eine unmerklich sanfte Biegung andeutet, wie bei diesem durchaus schönen Kopf. Und wie herrlich entspricht die reine edle Seele dieses Mannes der schönen Hülle, die sie bewohnt und belebt.

Liebe, die heißeste, innigste Liebe zu seinem Lehrer Sikard, dessen Stütze er geworden, ist der Grundton seines Wesens; dieses Gefühl spricht in jedem seiner Blicke, jeder seiner Bewegungen sich aus. Ihm widmet er sein ganzes Leben, und Sikard gesteht selbst, daß er seiner Hülfe unendlich viel verdanke. Nächst diesem hängt Massieu’s Herz mit unendlichem Mitleid an seinen Unglücksgefährten. Was er für diese mit gewiß großer Aufopferung seiner Selbst Alles thut, läßt kaum in Worte sich fassen, wie er weder Mühe noch Geduld scheut, um den armen gefesselten Geist dieser Bedauernswerthen dem Dunkel zu entreißen, das ihn umhüllt. Alle Zöglinge Sikards werden bei ihrem Eintritt in das Institut zuerst Massieu übergeben, und immer findet dieser, freilich mit unendlicher Mühe und Geduld, Mittel und Wege, sich mit ihnen zu verständigen, sich Einfluß auf sie zu erwerben. Auch die wildesten weiß er am Ende menschlicher zu stimmen und sie gewissermaßen zu der großen geistigen Umwandlung vorzubereiten,

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_183.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)