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Kunst ein eigenthümlicher Vorzug seiner Nation, wie Jeder wissen wird, der sich noch der Zeit erinnern kann, in welcher Deutschland von Emigranten wimmelte, die ihre Jugend in Luxus und Pracht verlebt hatten, und jetzt, in tiefer Dürftigkeit, durch Talent, Fleiß und Industrie ihr armes Leben von einem Tage zum andern zu fristen suchten, ohne sich dadurch niederdrücken zu lassen, oder sich erniedrigt zu fühlen.

Oft hatte Mercier die schöne, weit ausgebreitete Aussicht mir gerühmt, die er aus seiner, im fünften Stock eines sehr großen hohen Hauses gelegenen Wohnung genoß, und ich legte es eigentlich darauf an, diese einmal zu sehen, nicht sowohl der Aussicht als der Insicht wegen; ich hätte gar zu gern, aus vielleicht verzeihlicher Neugier, die häusliche Einrichtung eines französischen Gelehrten seiner Art kennen gelernt. Aber er wußte immer diesen Besuch so höflich als gewandt abzuweisen, obgleich ich mehrere Male mit ihm seinem Hause ganz nahe war. Ich wunderte mich darüber, denn seine Wohnung mochte noch so einfach meublirt sein, er war gewiß nicht der Mann, der seiner ehrenvollen Armuth sich schämen konnte. Späterhin erfuhr ich die ihn allerdings ganz entschuldigende Ursache seiner Weigerung, mich bei sich

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_158.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)