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nur zehn Meilen von Wien, sehr nahe an der Grenze jenes Landes liegt. Den Weg dorthin fanden wir gut, aber nicht eben angenehm, ein wenig monotones Einerlei, zwischen Getreidefeldern hin, welche die weite, nur selten durch ein paar Bäume unterbrochene Ebene bedecken. Näher an Preßburg wird das Land hügeliger und gewinnt dadurch an Mannichfaltigkeit, oft erblickten wir von der Höhe eine Ansicht der Donau und ihrer jenseitigen hohen waldbewachsenen Ufer, bis wir endlich jenseit des hier sehr breit und wild dahinwogenden Stromes Preßburg vor uns liegen sahen.

Die Lage dieser hart am Ufer der Donau erbaueten Stadt ist eine der schönsten, die ich kenne; der breite Strom, dessen bewegte Fluth das Spiegelbild der hohen Thürme und Mauern zuruckwirft, die fruchtbar angebaueten, schattenreichen Hügel, welche von beiden Seiten der Stadt sich anschließen, bilden ein höchst malerisches Ganzes, aber auch hier fließt der prächtige Strom einsam und unbelebt dahin. Man sieht kein Schiff die silbernen Wogen stolz durchschneiden, und diese Stille muß Jedem traurig und störend auffallen, der an das ewig bewegte Leben auf der Themse, auf der Elbe bei Hamburg, oder selbst auf dem Rheine bei Köln gewöhnt ist.

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_090.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)