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Wien augenblicklich abgefertigt, deren Rückkunft wir in höchstens drei bis vier Tagen entgegen sehen zu können glaubten.

Nun aber begann eine tragikomische Scene, deren getreues Abbild, so oft ich Kotzebue’s[WS 1] Lustspiel: »der Landjunker in der Residenz« vorstellen gesehen, mich durch die Erinnerung an Braunau recht sehr belustigt hat, die mir aber damals, als ich sie an mir selbst erleben mußte, gar nicht amüsant schien. Die Mauth fiel mit recht pflichtmäßigem Eifer über unsern Wagen her, sie betrieb ihr Werk wirklich con amore, denn sie konnte sich nach Belieben Zeit dazu nehmen, und nie ist wohl ein Wagen so unbarmherzig durchsucht worden, als damals der unsre; alle Koffer wurden bis auf den Grund durchwühlt, auch nicht das kleinste Täschchen blieb verschont.

Ein Dutzend Cigarren und ein Röllchen Kanaster wurden gleich in Beschlag genommen; diese in östreichischen Landen verdampfen zu lassen, hätte Kaiser und Reich in zu großen Schaden gebracht; da man sich aber erinnerte, daß jedem Reisenden erlaubt ist, für seinen eignen Gebrauch ein halbes Pfund Taback einzuführen, so gab man unserm Bedienten seinen mitgebrachten Vorrath zurück, der freilich weder aus Havannah-Cigarren, noch aus echtem Kanaster bestand.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. August Friedrich Ferdinand von Kotzebue (* 3. Mai 1761; † 23. März 1819 (ermordet))
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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_066.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)