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schließen konnten. 395 Was die höheren Officiere anlangt, so gab es unter ihnen wohl niemand, der, mochte er auch vorher gegen ihn ergrimmt gewesen sein, jetzt bei seinem Anblick nicht milderen Erwägungen Raum gegeben hätte. 396 Vor allem fühlte sich Titus, ganz besonders von der Thatkraft des Josephus im Unglück, angezogen und von Mitleid mit seiner Jugend ergriffen. Wenn er zurückdachte, wie derselbe noch vor Kurzem so rüstig im Kampfe den Römern gegenübergestanden, den er jetzt ohnmächtig in den Händen seiner Feinde sah, so musste sich ihm der Gedanke an die Gewalt des Schicksals, den raschen Umschlag des Kriegsglückes und die Wandelbarkeit alles Menschlichen von selbst aufdrängen. 397 Deshalb machte er auch jetzt seinen Einfluss auf die meisten Führer geltend, um sie zum Mitleid mit Josephus zu bewegen, und war er auch die Hauptursache, dass derselbe bei Vespasian Gnade fand. 398 Allerdings hatte dabei Vespasian noch immer die Absicht, Josephus demnächst zu Nero zu schicken, und gab darum jetzt den Befehl, ihn aufs sorgsamste zu bewachen.

399 (9.) Als Josephus diesen Entscheid vernommen, eröffnete er dem Vespasian, dass er ihm eine vertrauliche Mittheilung zu machen wünsche. Dieser hieß alle Anwesenden, mit Ausnahme seines Sohnes Titus und zweier Freunde, sich entfernen, 400 und nun nahm Josephus das Wort: „Du meinst wohl, o Vespasian, an mir nur einen Kriegsgefangenen gewonnen zu haben, aber ich komme zu dir als Bote der höchsten Verheißungen. Denn hätte ich nicht eine Sendung von Gott zu erfüllen, so hätte ich mich wohl an das erinnert, was in solchen Fällen bei den Juden Gesetz ist, und wie ein Feldherr zu sterben habe. 401 Dem Nero willst du mich schicken? Wie? werden denn Nero und seine Nachfolger, die dir noch vorausgehen sollen, überhaupt noch bis dahin am Ruder sein? Du, o Vespasian, wirst alsdann schon Kaiser sein und Monarch, ja du, sage ich, und dieser dein Sohn da! 402 Fessle mich darum nur ganz sicher und behalte deinen Gefangenen ja für dich allein, der du bereits mein Herr, und nicht bloß der meinige, sondern der Herr über die Erde und das Meer und das gesammte Menschengeschlecht bist. Ich aber möchte für meine Person um eine noch stärkere Wache bitten, auf dass ich ja meiner Bestrafung nicht entgehe, falls ich nur freventlich zu einem leeren Geplauder Gott in den Mund genommen haben sollte.“ 403 Als Josephus geendet, sah man es zunächst Vespasian an, dass er an die Weissagung nicht recht glauben mochte und zur Annahme geneigt war, es sei das Ganze nur von Josephus schlau erdichtet, um sein Leben damit zu retten. 404 Allmählich aber gab er sich doch dem Glauben daran hin, da von jetzt an bereits Gott selbst seine Gedanken auf das Diadem hinlenkte

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Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Linz: Quirin Haslingers Verlag, 1901, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:JosephusBellumGermanKohout.djvu/279&oldid=- (Version vom 19.2.2020)