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allem zu dienen. Und der Heimat (der nächsten Heimat freilich erst nach Besiegung mannigfacher Vorurteile) kam denn auch die Frucht jener Glaubens- und Liebesarbeit zu gute, zu deren Schilderung ich nun übergehe, seiner Wirksamkeit auf dem Gebiet der Diakonie.

 Was wollte Löhe, als er in Gemeinschaft mit einer Anzahl Männer und Frauen des Kapitels Windsbach am 13. März 1854 einen lutherischen Verein für weibliche Diakonie in Bayern gründete? Er hatte es nicht zunächst auf Gründung von Anstalten abgesehen, er wollte vielmehr „ein Feuer der Barmherzigkeit im ganzen Lande anzünden.“ Ein Netz von gleichgearteten Vereinen sollte sich über das ganze Land legen und durch sie allenthalben der Geist barmherziger Liebe geweckt werden, der sich dann selber die mannigfachsten Formen und Weisen seiner Bethätigung schaffen konnte und sollte. Die Ausführung blieb ja hinter dem Gedanken zurück, aber dennoch darf man es als Löhes erstes Verdienst auf dem Gebiet der Diakonie bezeichnen, daß er den Sinn für Barmherzigkeit und für die Werke der Barmherzigkeit, das Auge und die Teilnahme für all das geistleibliche Elend, dem Diakonissenarbeit abhelfen kann und soll, in weiteren Kreisen unseres engeren Vaterlands durch Wort und Schrift geweckt und erschlossen hat. Wie oft und gern floß sein Mund über vom Ruhm und Preis der Barmherzigkeit, der alle Menschengedanken übersteigenden göttlichen Barmherzigkeit und der an ihrem Feuer sich entzündenden menschlichen Barmherzigkeit, „dieser erstgebornen Tochter des Glaubens.“ Vielen von Ihnen ist sein Schriftchen „von der Barmherzigkeit“ bekannt, in welchem er die ganze Geschichte des Reiches Gottes unter dem Gesichtspunkt der mit der göttlichen Gerechtigkeit ringenden Barmherzigkeit betrachtet und (mit seinen eigenen Worten zu reden) nachweist, „wie durch die ganze Geschichte neben dem roten Faden der göttlichen Gerechtigkeit der blaue Faden seiner Barmherzigkeit läuft, bis auf dem Höhepunkt aller Geschichte, auf Golgatha, beide Fäden zusammen fließen und sich in Eins verweben, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit sich nicht blos ausgleicht, sondern die Barmherzigkeit den Sieg und den Ruhm wider und über die Gerechtigkeit behält für immer und ewig.“

 So war Löhe in unserm Heimatland ein Wecker des Sinns für Barmherzigkeit, die ja die Seele aller Werke der innern Mission und Diakonie genannt werden muß. Aber Löhe wollte innere Mission und Diakonie „im Sinn der lutherischen Kirche.“ Nicht als ob die Uebung der Barmherzigkeit in die Schranken der Konfession eingeengt, nur der Glaubensgenosse ihrer teilhaft werden sollte. Nein, die Barmherzigkeit ist so engherzig