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der Vergebung der Sünden in Seinem Blut zu predigen, Ihm Seine Erkauften aus allen Völkern, Sprachen und Zungen zu Hauf zu bringen und Ihm von allen Enden der Erde Seinen Schmerzenslohn einzusammeln. „Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Ihm selber – so sind wir nun Botschafter an Christi Statt, so bitten wir nun an Christi Statt: Lasset euch versöhnen mit Gott!“ Dieses Apostelwort zeigt uns in gleicher Weise wie unser Text den inneren Zusammenhang zwischen dem Opfer Christi und der Mission. In diesem Sinne ist Sein hohepriesterlich Opfer die erste Voraussetzung aller Mission. Die zweite aber ist: Das Dasein einer priesterlichen Gemeinde von Geheiligten.

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 „Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“ Das also war die Absicht, ja auch der wirklich erreichte Erfolg seiner Todesweihe, seiner Selbsthingabe zum Opfer: die Herstellung einer Gemeinde von Geheiligten, eines priesterlichen, gottgeweihten Volks, das, durch sein Opfer entsündigt, nun auch sich williglich Gott opferte im heiligen Schmuck. Nur eine solche Gemeinde ist tauglich die Heilsbotschaft auszurichten an die Welt. Geheiligte in der Wahrheit müssen es sein, die das Werk der Mission treiben wollen. Teure Missionsfreunde! Das ist ein ernstes Wort, das wie eine Prüfungsfrage an unser aller Gewissen pocht. In einer Zeit, wo die Mission nicht mehr blos das verwaiste Pflegekind kleiner Kreise von Gläubigen ist, wo die Kirche auf ihre Missionspflicht sich wieder besonnen hat, wo es fast zum christlichen Anstand gehört, Teilnahme für die Mission zu zeigen, wo auch in den Augen der Welt die Schmach Christi von der Mission genommen zu werden beginnt: da ist es wol doppelt und dreifach nötig, es zu betonen: daß die Mission sittliche Forderungen an den persönlichen Christenstand derer stellt, die sich mit ihr befassen. Nicht blos die hinausgesandt werden in die Welt, müssen geheiligte Persönlichkeiten sein – auch die Christenheit, die sie sendet, muß eine priesterliche Gemeinde von Geheiligten sein. Brauche ich das erst zu beweisen? Woraus soll denn der Missionstrieb entstehen, wenn nicht aus der Erfahrung von der sündentilgenden, rechtfertigenden, heiligenden Kraft des Blutes Christi am eignen Herzen? Was befähigt denn zur Fürbitte für das Heil der Welt, was begeistert denn zu Opfern, sachlichen und persönlichen, für das Reich Gottes als ein priesterlich Herz, das gleichgestimmt ist mit dem Herzen des ewigen Hohepriesters und das durch sein Opfer geheiligt auch im Opfer ihm nachzufolgen befähigt ist? Geliebte in dem Herrn! Wie weit der Stand der Christenheit von der Lebenshöhe, die der Herr hier voraussetzt, entfernt ist,

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Die Mission im Lichte des hohenpriesterlichen Gebetes Jesu. Verlag der Joh. Phil. Raw’schen Buchhandlung, Nürnberg 1889, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Johannes_Deinzer_-_Predigt_%C3%BCber_Joh._17,_18-21.pdf/5&oldid=- (Version vom 5.7.2016)