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die Mission legt ja doch für’s erste die draußen in der Heidenwelt die Völker noch ganz anders trennenden Schranken der Nationalität nieder, indem sie von einem Reiche Gottes unter und über allen Völkern predigt, in welchem die nationalen Gegensätze aufgehoben oder doch versöhnt sind. Sodann: es ist zwar das Christentum in der konfessionellen Bestimmtheit, das wir hinaustragen in die Heidenwelt – wir haben den Schatz der himmlischen Wahrheit nur im irdenen Gefäß der Konfession, wir kennen auch auf dem Missionsgebiet keine den Unterschied von Wahrheit und Irrtum vermischende Union – aber immerhin: Heiden gegenüber tritt in der Verkündigung der christlichen Wahrheit was die Konfessionen trennt, zurück, und die großen Grundwahrheiten des Evangeliums, in denen die christlichen Kirchen einig sind, treten in den Vordergrund. Ferner: die Sonderlehren der einzelnen Konfessionen verlieren in der religiösen Unterweisung der Heiden zwar nicht die Bedeutung von trennenden Lehrunterschieden, aber es haftet ihnen doch nicht wie bei uns die Schärfe von Gegensätzen an, die sich im heißen Kampf der Geister geschichtlich durchgesetzt und verfestigt haben; und die Folge davon muß doch eine unbefangenere Stellung der Christengemeinden aus den Heiden zu dem Streit der Konfessionen sein. Und die Kirchen der alten Heimat? Nun, die Begegnung in der Fremde bringt Die, die Eines Volkes und Stammes sind, näher als das Nebeneinanderwohnen in der Heimat. Sollte nicht auch Ähnliches von der Begegnung und Berührung der verschiedenen Missionsgesellschaften in der Fremde der Heidenwelt gelten? Und eine dort sich vollziehende Annäherung der Gemüter – sollte sie nicht auch in der Heimat das Bewußtsein von der Einen heiligen allgemeinen apostolischen Kirche stärken? Doch es ist dies alles ja freilich nur ein geringer Ansatz zur Verwirklichung der großen Verheißung des Herrn, an sich nicht hinreichend, um von dem Ufer der traurigen Gegenwart eine Hoffnungsbrücke zum Ufer der verheißenen Zukunft zu schlagen. Aber das Gebet des ewigen Hohenpriesters kann nicht unerfüllt bleiben, Seine Verheißung muß hinausgehen. Des trösten wir uns und warten sein in Geduld. Inzwischen gehen wir, auch durch das heut vernommene Gotteswort und die auch heute wieder gespürte Gemeinschaft der Heiligen gestärkt, mit neuem Mut und Eifer an das uns befohlene Werk: wir haben ja Seine Verheißung, die uns den Erfolg unsrer Arbeit verbürgt, wir haben Sein Wort, die wirksame, Sein Gebet, die tragende Kraft des Missionswerks; Sein Opfer, das für alle Welt gebracht auch aller Welt zu gut kommen soll, ist unser Recht und unsre Pflicht zur Mission an der Welt. Sorgen wir nur, daß die Bedingung, die nicht

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Die Mission im Lichte des hohenpriesterlichen Gebetes Jesu. Verlag der Joh. Phil. Raw’schen Buchhandlung, Nürnberg 1889, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Johannes_Deinzer_-_Predigt_%C3%BCber_Joh._17,_18-21.pdf/10&oldid=- (Version vom 5.7.2016)