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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

 — Die beiden Künstler Sokolow und Klükwin haben allen Verehrern Puschkins einen grossen Dienst erwiesen. Der erstere nämlich zeichnete den Grabeshügel Puschkins im Swjatogorer Kloster nach der Natur, und Herr Klükwin lithographirte die Zeichnung. Auf dem Bildchen zeigt sich von der rechten Seite ein Theil der Klosterkirche mit dem Altar; ihm gegenüber erhebt sich ein Hügel mit einem einfachen schwarzen Kreuz, darauf steht mit weissen Buchstaben: „Puschkin.“ — Eine kurze, aber in der That viel sagende Aufschrift.

 — Der bekannte Maler Brüllow hat das grosse Gemälde: „die Entsetzung vom Pskow,“ so ziemlich beendet; es ist eines der besten Gemälde unter denen, die er bisher geliefert und erregt die allgemeine Bewunderung. Bekanntlich hat Brüllow nur auf den ausdrücklichen Wunsch des Kaisers sich auf die russische Geschichte geworfen, und man hofft nach dem, was er bisher geleistet, dass er auch in diesem Fache der Stolz der russischen Kunst bleiben werde.

 — „Die Gemälde der russischen Malerschule.“ Unter diesen Namen gibt der bekannte Journalist und Theaterdichter Kukolnik eine Sammlung von Kirchengemälden heraus, die von geborenen Russen gemalt sind. Die ganze Sammlung soll aus 12 Heften bestehen, d. h. aus 12 vorzüglichen Gemälden, zu deren jedem ein Text von 2 Bogen gehört. Für jetzt sind folgende Compositionen zum Stich ausgewählt worden: 1) Mariens Verkündigung nach einem Gemälde von Borowikowski; 2) das Verhör des Erlösers nach Jegorow; 3) die Erscheinung Christi vor Magdalena nach Jwanow; 4) die Verhüllung einer Sterbenden nach Wenecianow; 5) Jerusalem nach Worobjew; 6) die göttliche Jungfrau mit dem Jesus-Kindlein nach Bruni; 7) der heilige Wasilij, der Grosse, nach Schebujew; 8) die Himmelfahrt der göttlichen Mutter nach Brüllow; 9) das Grab des Herrn nach Worobjew; 10) die Gruft des Herrn nach demselben; 11) die heilige Familie nach Jegorow; 12) das heilige Abendmahl nach Schebujew. Diese Copien werden auf Stahl gravirt und zwar in England von Robinson und anderen Londoner Graveurs erster Classe. Der beigelegte Text wird ethisch-literarischen Inhaltes sein. So enthält das 1. Heft: „die russische Malerschule“ von Kukolnik, ein religiöses Gedicht von Benediktow, und „der Blogowjeschczenski-Dom in Moskwa.“ Der Preis eines jeden Heftes ist auf 50 Kop. Silber, der der ganzen Sammlung auf 5 Rubel festgesetzt. Es lässt sich manches Gute von dieser Sammlung erwarten, wenigstens wird sie zum Theil als Probirstein dafür dienen können, was für Fortschritte die Kunst in Russland gemacht und ob die Theilnahme für dieselbe auch in dem Volke Eingang gefunden hat. In Russland geht Alles von Oben aus und wenn das in den Gebieten des Wissens der Entwickelung einer nationalen Wissenschaft nur langsam und mit Mühe entgegenführt; wenn man sieht, welche ungeheueren Anstrengungen der Staat machen muss, um der Gesammtheit zu Nutzen kommen zu lassen, was das künstlich befruchtete Studium auf Akademien und gelehrten Anstalten zu Tage gefördert hat: so ist es vielmehr noch die Kunst, bei welcher jede Bemühung, sie künstlich ins Leben zu rufen oder die Erweckte zu fördern, misslingen muss. Wenn sie nicht aus der Nation selbst hervorgeht, wenn sie sich nicht von selbst als Resultat ergibt von der allmähligen geistigen und materiellen Entwickelung des Nationalgeistes, dann bleibt sie dem Volke ewig fremd und ohne Einfluss auf dasselbe.

 — Die Sucht Denkmäler zu setzen, über welche in Deutschland schon so viel geklagt wurde, hat sich auch nach Russland verbreitet. Vor Kurzem wurde erst ein grosses Denkmal errichtet auf den Schlachtfeldern von Borodino; jetzt erhält auch Smolensk ein solches. Dasselbe ist aus Gusseisen, im byzantinisch-gothischen Geschmack. Nach der eigenen Bestimmung des Kaisers wird dasselbe auf dem Paradeplatze aufgestellt, gegenüber der königlichen Bastion, welche der Hauplangriffspunkt am 5. August 1812 war. Das Denkmal ist dem von Borodino ähnlich, nur mit dem Unterschiede, dass es mit zwei goldenen, in der Luft schwebenden Adlern geschmückt ist. Die Höhe des Denkmals sammt dem Erdaufwurf, auf welchem es steht, beträgt 35 Arsch., der Umfang des Piedestals 19½ Arsch.

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/49&oldid=- (Version vom 14.9.2022)