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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

der Bevölkerung in mehrere Sectionen eingetheilt werden, von diesen eine Anzahl Ausschussmänner, welche der Hälfte der Wahlbürgerschaft gleich kommt, ernannt werden. Der Magistrat habe das Recht, mehrere Rechtskundige und sonst mit den nöthigen Eigenschaften versehene Männer zu Candidaten zu ernennen; die Wahl soll durch den Magistrat, die jetzige Wahlbürgerschaft (eine sich selbst ergänzende patricieratige Corporation) und durch die neu ernannten Ausschussmänner erfolgen; den Deputirten sollen ihre Instructionen in gemischter Sitzung ertheilt werden.“ Es ist das jedenfalls der am meisten praktische Ausweg, auf welchem nicht blos die Städte organisirt, sondern auch die billigen Forderungen jeder Partei befriedigt werden. — Nro. 36. Hoffnungen für den ungarischen Landtag, dem der Correspondent keine systematische Opposition prophezeit. Eine königl. Commission untersucht die Amtsverwaltung des Pesther Magistrats; drei Räthe und ein Notar werden ihres Amtes entsetzt, wahrscheinlich wegen Geldunterschläge. So viel also nutzen die Declamationen und der Schwall von reformirender Rhetorik des Pesti Hirlap und Consorten? — Nro. 37. Die serbischen Zustände werden mit tüchtiger Sachkenntniss nicht so sehr als von einer gewissen Regierung beabsicht, sondern als zufällig hervorgegangen dargestellt. — Nro. 39 wird die Stellung Russlands bei der serbischen Frage von Neuem zur Rede gebracht und bei der Darstellung seiner Macht die leider bis zur Lächerlichkeit abgedroschene Meinung wiederholt, der slawische Koloss trage die schlimmen Keime des Zerfalles im Innern und sei dazu rings von Feinden umgeben, er stehe seit Peter dem Grossen auf einer erkünstelten Höhe, welcher die natürliche Stütze und Grundlage fehle und sei eben durch diese falsche, erzwungene Stellung, wie durch ein verderbendes Verhängniss getrieben, fortwährend nach aussen hin um sich zu greifen, er sei durch alle seine Eroberungen nur scheinbar, eigentlich nur auf der Landkarte grösser und mächtiger, in der Wirklichkeit aber immer schwächer geworden, und werde auf dem bisher verfolgten Wege unfehlbar dereinst aus einander gehen.“ Wir wissen alle diese Dinge nicht, die der Verfasser weiss, das aber wissen wir, dass Russland seit Katharina’s Zeiten, also jedenfalls eher, als der Verfasser, die hier angedeutete erzwungene Stellung erkannt, dass es seit jener Zeit schon die Vorbereitungen im grössten Massstab begonnen, eine andere Stellung zu erfassen, dass es unter Alexander bereits eine ganz veränderte Stellung eingenommen, dass es seit der Thronbesteigung des jetzigen Kaisers in derselben mit Riesenschritten vorwärts gedrungen ist und auf dem Punkte steht, jene ganze wahre und natürliche Stellung einzunehmen, welche ihm seine Lage zwischen Europa und Asien abverlangt. Wir sind keine Lobredner Russlands, das aber wissen wir, würde Deutschland die Richtung von Russlands neuester Literaturbestrebung und seiner inneren Politik besser kennen und vorurtheilsfreier sie zu würdigen im Stande sein, es würde mit solchen Expectorationen, wie die vorliegende, sich fürderhin nicht mehr lächerlich machen. — Die Comitatscongregationen in Ungarn geben sehr verschiedene Resultate. Das Agramer bringt in seinen Instructionen eine Art politischer Trennung von dem Königreiche Ungarn in Anregung. Es wünscht die Errichtung einer besonderen obersten politischen Landesbehörde, einer kroatisch-slawonischen Statthalterei durchzusetzen. Die königliche Freistadt Fiume soll in Civilprocessen nicht mehr an die königl. Hofcanzlei in Wien, sondern an die agramer Banaltafel apelliren. Slawonien, als mit Kroatien eng zusammenhängende Landschaft soll auf gleichen Contributionsfuss mit diesem gesetzt werden. Der Nationalpresse möge eine freiere und leichtere Bewegung gestattet werden. Der wichtigste Wunsch indess ist, dass in Agram eine Universität errichtet werde; ihre, so wie die Professoren der gegenwärtig bestehenden königl. Akademie sollen nicht gehalten sein, die magyarische Sprache zu verstehen. — In der Beilage werden Auszüge aus den drei zwischen Russland und der Pforte bestehenden Verträgen hinsichts Serbiens zur grösseren Orientirung recht zweckmässig mitgetheilt. — Nro. 40. Die Aufregung bei den ungarischen Congregationen wächst furchtbar:

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 433. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/444&oldid=- (Version vom 20.8.2021)