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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

möglich, fort zu nehmen. Dieser habe sich denn auch zu der Frau begeben, in deren Verwahrung das Götzenbild sich befand, und habe unter dem Vorwande, dass ihn der Gott sende, um demselben für glückliche Rettung aus Meeresgefahr das angelobte Opfer zu bringen, den Einlass in das Heiligthum begehrt. At illa, fährt Ebbo fort, si abeo, inquit, missus, ecce aedes in qua deus noster, robore cavato inclusus, detinetur. Ipsum quidem videre et tangere non poteris, sed ante truncum procidens, eminus foramen ubi munus inferas attende. Quod dum imposueris, reverenter clauso ostio egredere. — Qui alacer aedem illam ingressus dragmam argenti in foramen iactitavit ut sonitu metalli sacrificasse putaretur. Es muss also Sitte gewesen sein, bei dem Darbringen der Opfergabe den Gott zu sehen und das Bild zu berühren, weil die Frau es entschuldigt, dass dies nicht geschehen könnte.

III.
Tempel.

 Die Russen nennen einen Götzentempel Чтилище (slawisch), Капище und Требище, Bezeichnungen, von denen die erstere einen der Verehrung geweihten Ort bezeichnet, denn Чтителъ heisst ein Verehrer, und mit Честь zusammenhängt, die zweite aus dem lateinischen capella herübergenommen scheint, die letztere aber mit Треба, Opfer, verwandt ist und einen Ort bezeichnet, wo geopfert wurde. Für Kirche aber gebrauchen sie Храмъ und Костелъ, beides bedeutsame Ausdrücke. Храмъ hat zwar nur, so gut wie Хоромъ, Haus, den Begriff des Verschlossenen, denn man muss beides von Хороню, ich verstecke, ableiten, allein es zeugt dies Wort doch mindestens dafür, dass der Gedanke eines abgeschlossenen[WS 1], abgesonderten, so zu sagen verborgenen Ortes im Volke auch in Bezug auf den Götterdienst vorhanden war. Dass dieser Begriff aber nicht ein lediglich erst durch das Eindringen des Christenthums entstandener sei, dafür sprechen die einstimmigen Berichte aller Schriftsteller hinsichtlich der Schwierigkeit, die Tempel zu betreten. So sagt Adamus Bremensis hist. eccles. II, 11, vel 65, Lindenbrog pg. 23, vom Heiligthum zu Rhetra: pons ligneus transitum praebet, per quem tantum sacrificantibus aut responsa petentibus via conceditur, und Thietmar Chron. VI, 17. Perz V, 812, 7 erzählt von Riedgost: duae eiusdem portae cunctis introeuntibus patent, tertia, quae orientem respicit et minima est, tramitem ad mare iuxta positum et visu nimis horribile monstrat. Hier spricht der Gegensatz zwischen den beiden, allen zugänglichen Pforten, und der dritten zwar schon deutlich genug, allein der Cod. Bruss. des Thietmar fügt nach quae überdies noch die Worte ein: nulli facile patet, die, wie Giesebrecht wendische Gesch. I, 69, not. 2 richtig bemerkt, obwohl sie im Dresdener Cod. nicht stehen und von Lappenberg deshalb nicht in den Text aufgenommen sind, doch zum Verständniss nothwendig sind. Auch Helmold Chron. I, 83, Leibniz II, pag. 606 erzählt vom Heiligthum des Prono: Ingressus atrii omnibus inhibitus, nisi sacerdoti et sacrificare volentibus vel quos mortis urgebat periculum. Saxo grammaticus XIV ed. Steph. 320 endlich erwähnt bei Beschreibung des Tempels zu Arkona: priedie, quam rem divinam facere debuisset, sacellum, quod ei soli intrandi fas est, adhibito scoparum usu, diligentissime purgare solebat. Diesen Zeugnissen schliesst sich endlich das des Uebersetzers Helmold’s an, denn Kirchberg Chron. meclenburg. c. 83, Westphal monument. inedit. IV, 706 sagt:

als der walt virczünet was,
so war in hart virbodin daz,
daz nymand solde synen gang

darin machen kort noch lang
ane yr phaffe alleyne
und anders wer dareyne

Anmerkungen (Wikisource)

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/406&oldid=- (Version vom 14.2.2021)