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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

sich vor ihnen demüthigt, oder indem er ihnen Gaben darbringt, welche ihm die werthvollsten, der Götter am würdigsten erscheinen. Die Gottesverehrung wird also wesentlich Gebet und Opfer sein. Das Gebet vorerst selbst kann wieder in doppelter Weise vollzogen werden, durch Worte nämlich oder durch Gebehrde, Stellung und also symbolisch. Natürlich aber fällt in der Ausübung Wort und Handlung, Gebehrde und Opfer in eins, und nur für den entfernter Stehenden hat es Interesse, die Gottesverehrung in ihren einzelnen Bestandtheilen zu betrachten. In der Königinhofer Handschrift findet sich als Ausdruck für beten klanieti bohu, sich vor Gott neigen, ihn anbeten, und im Russischen heisst поклоненїе die Anbetung, so dass also ein Beugen des Körpers zu den Ceremonien des Gebets gehörte. Dasselbe Lied aber braucht später den Ausdruck se biti w čelo predi bohy, sich an die Stirn schlagen vor Gott. Im Russischen finde ich nun zwar keinen Ausdruck, der etwas ähnliches sagte, allein merkwürdig genug heisst Челобитъ eine Bittschrift, von Чело, Stirn, und бью, schlagen, wohl vom Sichniederwerfen bei Ueberreichung derselben, was an das griechische Προσχυνεῖν erinnert, so dass allerdings darin ebenfalls eine entfernte Hindeutung auf eine solche Ceremonie ausgesprochen wird. Die lateinischen gleichzeitigen Quellen bieten mehrere Ausdrücke, welche die Sache erläutern. So sagt Cosmas von Prag: sicut hactenus villani velut pagani hic latices seu ignes colit, iste lucos et arbores seu lapides adorat, ille montibus sive collibus litat. Thietmar VII, 44 (Perz V, 835, 40.), wenn er über das Heidenthum zu Nimpsch unweit des Zobtenberges spricht, sagt: et hic ob qualitatem suam et quantitatem cum execranda gentilitas ibi veneraretur, ab incolis omnibus nimis honorabatur. Die hier gebrauchten Worte halten sich blos im Allgemeinen, obwohl der Unterschied, welchen Cosmas zwischen colere ignes, adorare lucos und litare montibus nicht lediglich in der Absicht, mit Redeweisen zu wechseln, seinen Grund zu haben scheint. Für den Unterschied zwischen dem böhmischen klanieti bohu und se biti w čelo predi bohy darf man wohl einige Stellen aus der vita Ottonis anführen, die zweimal bearbeitet uns vorliegt. Jeder der vorhandenen Berichte rührt von einem Zeitgenossen des bamberger Bischoffes her, und zwar der eine vom Mönche Sefried, welcher Augenzeuge der Begebenheiten war, und der andere von einem Mönche Ebbo, der niederschrieb, was ihm der Presbyter Ulrich, gleichfalls einer der Begleiter Otto’s, erzählte. Ebbo nun berichtet in seiner vita (Acta Sanct. Antw. Jul. I, 441 sq.) Lib. III, 78, als er von den Kunstgriffen spricht, deren sich die heidnischen Priester bedienten, um das Eindringen der christlichen Lehre zu verhüten, dass ein Priester des Perowit einem Bauern, der nach Wolgast gehen wollte, früh Morgens im Walde als Gott verkleidet erschienen sei und ihn ermahnt habe, in der Stadt zu verkündigen, derselben stehe der Untergang durch die erzürnte Gottheit bevor, falls sie die christlichen Priester auch nur anfnehmen wollte; man solle sie tödten, sobald sie sich daselbst blicken liessen. Der Bauer, fährt Ehbo fort, videns illum vestibus idoli amictum, suspicatus deum suum sibi apparuisse, in faciem corruit. Sefried (Vita Ottonis III, 129. Acta Sanct. Antw. Jul. I, 408 sqq.), welcher dieselbe Geschichte erwähnt, bedient sich des Ausdrucks: Rusticus vero quasi de oraculo stupidus, corruens pronus, adoravit in terram. Gewiss hat der Bauer dabei weder gesprochen noch gebetet, sondern sich nur niedergeworfen, weil er aus Ehrfurcht nicht gewagt, die Gottheit mit leiblichen, sterblichen Blicken gleichsam zu entweihen, gerade wie, nach Saxo, der Priester zu Arkona bei Reinigung des Tempels in demselben nicht zu athmen wagte, sondern stets, so oft er dessen bedürftig war, in die Thüre des Heiligthums trat, ne videlicet dei praesentia mortalis spiritus contagio pollueretur. (Saxo gramm. hist. dan. L. XIV, Ed. Steph., pag. 320). Das nun scheint mir der Unterschied zwischen dem böhmischen klanieti bohu und se biti w čelo predi bohy zu sein, dass ersteres das Sich-neigen, Niederknieen und Beten bedeutet, während letzteres jenes in faciem corruere oder

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/395&oldid=- (Version vom 14.2.2021)