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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

 Ein Berichterstatter der Deutschen Allg. Ztg. schildert den magyarischen Hitzkopf Kossuth mit folgenden Worten: „Kossuth ist ein geborener (?) Repräsentant des Magyarismus mit all seinen Fehlern und Vorzügen, unduldsam und despotisch in Betreff aller anderen Nationalitäten, huldigt er der magyarischen mit brennendem Eifer. In dem Maass, als letztere sich über das weite Königreich verbreiten würde, sei ausschliessend grösseres Heil und schönere Blüthe in allen öffentlichen Dingen zu hoffen. Sein Liberalismus ist grossentheils eine rein theoretische Abstraktion; er träumt z. B. von der Gründung einer Eisenbahn von Pesth nach Fiume. Du lieber Himmel! In einem Lande, wo der Wohlhabende um keinen Preis zahlen mag, das Geld sehr selten ist und manches kleine Institut, z. B. das sogenannte magyarische Nationaltheater in Pesth, nur durch Opfer und Anstrengungen künstlich erhalten werden kann! Er, ein geborener Protestant und liberaler Reformer von Profession, freut sich gewiss des letzthin mit der römischkatholischen Hierarchie reichstäglich gelieferten Kampfes. Wir wollen auch die Folgen desselben nicht verkennen, allein sonderlich praktisch können und werden sie nicht in einem Lande sein, wo täglich mindestens zehn Millionen Hände sich falten, und eben so viele Kniee sich beugen, um zu irgend einem Heiligenbild andächtiglichst zu beten. Kossuth mochte sein Land binnen der Lebensfrist einer Generation gern zu dem, was Frankreich und England sind, gemacht sehen. Das ist ein sehr kühner Wunsch, dessen Erfüllung äusserst unwahrscheinlich ist. Allein er möchte gern noch mehr; er wünscht, die magyarische Nationalität zur geistig und politisch hervorragenden zu erheben, und dieses Streben mag man wohl unbedingt ein chimärisches heissen. So ist Kossuth der Ausdruck der Generation, welcher er angehört, ungeduldig, voll eingesogener liberaler Allgemeinheiten, hart gegen die nicht magyarischen Nationen, von der fixen Idee der Magyarisation beinahe krankhaft aufgeregt; dabei im Detail doch voll guten Willens, kein sonderlich kombinatorischer Kopf, aber ein hinreissender Redner und trefflicher Stylist“ (Bekanntlich ist er ein geborener Slawe).

 Der Schematismus (Adresskalender) des griechisch-katholischen Clerus der Przemysler Diöcese in Galizien vom Jahre 1843 gibt folgende statistische Nachrichten über dieselbe. Die Diöcese umfasst zehn Kreise, hat vierzig Dekanate, 550 Pfarreien, 142 Kaplaneien und 60 Kooperaturen; 1288 Kirchen, 7 Basilianerklöster mit 41 Mönchen. Die Seelenzahl der Griechisch-Katholischen in der ganzen Diöcese beträgt 846,794. Davon sind im Dekanate Przemysl 28,994, Pruchnic 9124, Jaroslaw 33,070, Jawor 39,227, Sadowa wiszn. 19,830, Nižankowic 16,143, Moscic 24,957. Also leben im Przemysler Kreise 175,343 griechische Katholiken. Im Rzesower Kreise hat das einzige gr.-kath. Dekanat Kanczug mit 9 Pfarreien 10,673 S. Im Žolkiewer Kreise hat das Dekanat Žolkiew 25,565, Beiz 16,396, Sokal 9111, Tartakow 8059, Warenž 7346, Uhnow 18,087, Potelicz 32,851, Lubaczow 30,188, Oleszyce 12,732, Kulikow 13,965, mithin der ganze Žolkiewer Kreis 174,300 gr. Kath. Im Samborer Kreis das Dekanat Sambor 21,897, Komazno 23,214, Horožana 13,903, Mokržany 32,100, Drohobycz 49,290, Wysoczan (Wysokie) 29,551, Žukotyn 18,404, Stary Sambor 34,880, Starasol 22,034, also im ganzen Samborer Kreise 245,273. Im Sanoker Kreise hat das Dekanat Jasliska 24,837, Baligrod 11,450, Zatwarnice (Zwiniacz) 20,820, Olchowce 8961, Sanok 18,818, Bircza 20,048, Lisko 18,355, Dobromil 21,885, Ustrzyki 14,945, mithin im Sanoker Kreise 160,119. Im Jasloer Kreise hat das Dekanat Duklo (Mszanna) 18,603, Krosno 6610, Biec (Krywa und Uscie Ruskie) 23,245, mithin der ganze Kreis von Jaslo 48,468. Im Sandecer Kreis hat das Dekanat Muszyn (Labowa und Tylicz) 32,626.

 Bei Scutari, an der asiatischen Küste, soll eine polnische Kolonie unter der Leitung der französischen Lazaristen angelegt werden. Ihre dortige weitläufige Besitzung soll polnischen Kolonisten zur Bebauung übergeben werden. Das Pariser und Londoner Polenkomité soll zugleich dem Orden ansehnliche Unterstützung an Geld zugesagt haben. Aufnahme finden sollen hier alle Polen, welche der russischen Kaukasusarmee entflohen, so wie alle, welche von den Tscherkessen gefangen genommen, später nach der Türkei und den anliegenden Ländern als Sklawen verkauft, nach und nach durch die weitreichenden Verbindungen des Lazaristenordens wieder ihre Freiheit erlangt haben.

 Die russische Regierung hat einen von dem sibirischen Komité gemachten Vorschlag, dass jedem Bewohner Ostsibiriens, welcher eine Tochter einem Verwiesenen zur Ehe gibt und diesen alsdann als Mitglied in sein Haus aufnimmt, eine gewisse, für jene Gegend nicht unansehnliche Summe Geldes als Belohnung gegeben würde, begutachtet.

 Cernagora (Montenegro) enthält nach dem Journ. d. östr. Lloyd 60 □Meilen, auf denen in 39 Gemeinden 11,700 Familien, bestehend aus 107,000 Köpfen, wohnen, so dass also auf die □Meile 1780 Einwohner zu rechnen sind, eine sehr auffallende Erscheinung, da der Boden sehr wenig fruchtbar und fast durchweg Alpenland ist. Vergleicht man damit die schönen und fruchtbaren Ebenen der Türkei, wo durchschnittlich nur 1100 Einwohner auf die □ Meile zu stehen kommen, so gibt uns das den schönsten Beweis für den ausserordentlichsten wohlthätigen Einfluss, den eine freie

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/388&oldid=- (Version vom 14.2.2021)