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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Das bei dem Landtage versammelte Publikum stört jeden Augenblick durch lärmenden Beifall oder durch heilloses Geschrei des Missfalls die Würde und den Fortgang der Verhandlungen. Die von der Regierung gemachten Vorschläge werden durch kein eigens dazu berufenes und in die Tendenzen der Regierung eingeweihtes Gremium geltend gemacht. Die häufigen Reichstagsdeputationen arbeiten vergeblich eine Menge von Gesetzen aus, welche die daran unbetheiligte Regierung später nicht sanktioniren kann. Durch das Gesetz, dass kein Landtag die Steuerfreiheit des Adels und des Grundbesitzes angreifen dürfe, ist für alle Zukunft ein zweckmässiges Besteuerungssystem erschwert. Durch das plötzliche Einführen der magyarischen Sprache sind ganze Reihen von Mitgliedern des gesetzgebenden Körpers ihres Rechtes beraubt, auf die Gesetzgebung einzuwirken. Am schädlichsten aber ist die Einrichtung, dass die Deputirten alle Befehle von ihren Kommittenten sich einholen, dass sie keinen Schritt thun dürfen ohne Einwilligung derselben, die ja von allen den Verhandlungen nichts wissen, noch ihr Provinzialinterresse dem Wohle des ganzen Staates hintanzusetzen im Stande sind. Dadurch wird jeder Fortschritt gehemmt, das Durchsetzen eines neuen Gesetzes fast unmöglich gemacht. Der Verf. schlägt zwei wichtige Mittel vor, diesem Uebelstande abzuhelfen: die Deputirten sollen für mehrere Reichstage auf Ein Mal gewählt werden, und nicht abberufen werden dürfen. Die Cirkularsitzungen tadelt der Verf. mit Recht und rügt die stürmische Leidenschaftlichkeit auf denselben. Nur wenn diese verbannt würde, könne das Land einer besseren Zukunft entgegen gehen.

 Собраніе Актовъ: Sammlung von Aktenstücken über die der ostindischen Kompagnie und der Londoner Bank von der englischen Regierung gegebenen Privilegien. Moskwa 1843. Seliwanowski. 211 S. 4.

 Ein Buch von europäischem Werthe. Herr Golubkow betrachtet den russischen Handel von einem viel höheren Standpunkte, als die gewöhnlichen Gewerbsleute. Ihn beschäftigt die Frage: Auf welcher Grundlage befestigte sich die brittische Herrschaft in Indien, was darf man von den Eroberungen der Engländer in China erwarten, und warum überflügelt Russland, welches China und Indien so nahe steht, nicht die Engländer? Ein russischer Kritiker nennt diese Frage ausserordentlich wichtig, besonders wenn man sich erinnere, dass bis zu dem Traktate von Nanking Russland das ausschliessliche Recht hatte, in der Hauptstadt Chinas eine Gesandtschaft zu halten, der Art, dass es in Peking keinen anderen Europäer gab, und dass überdies noch Peter der Grosse, der einen geraden Handelsweg nach Indien eröffnen wollte, die Absicht hatte, unmittelbare Handelsverbindungen mit diesem Lande anzuknüpfen. Seit dieser Zeit ist vieles anders geworden: seit der Hälfte des vorigen Jahrhunderts beginnen die Engländer mit reissender Schnelligkeit ihre Herrschaft in Indien zu verbreiten und gelangen bei ihrer eisenfesten Politik und bei umsichtigen, nicht selten sogar grausamen Massregeln endlich dahin, dass sie jetzt auf der ostindischen Halbinsel eine unmittelbare Besitzung von 24,200 geogr. Meilen mit 87,600,000 Einwohn. haben; ja nach der neulichen Unterwerfung des letzten Landstriches, der bisher den Emiren von Sind gehörte, nun auf ganz Indien ihren Einfluss ausüben. Die gewonnenen Resultate in China müssen diesen Einfluss nur noch kräftigen. Weil nun aber England alle seine Erwerbungen in Indien der Verwaltung der ostindischen Kompagnie überlassen hat, so ist es unmöglich, über den Gang der Ereignisse in Ostindien und über die Verfassung der dortigen Verwaltung sich einen Begriff zu machen, wenn man nicht die Rechte, die Privilegien und Verbindlichkeiten der ostindischen Kompagnie kennt. Der Herausgeber hat die früher berührte Frage nicht erörtert, warum Russland in dieser Hinsicht so weit zurückgeblieben ist. Allein die Materialien dazu hat er geliefert und dadurch den Russen die Möglichkeit gegeben, die Bedürfnisse ihres Landes und ihren Vortheil

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/375&oldid=- (Version vom 14.2.2021)