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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Schriftsteller, welche entweder vom Schauplatze der Dinge entfernt lebten oder in späterer Zeit, wo das slawische Heidenthum längst dem christlichen Angriffe unterlegen war, also die Autoren vom 14. bis Ende des 16. Jahrhunderts, welche noch die letzten Trümmer des Heidenthums gelegentlich erwähnen. Die dritte Klasse endlich besteht aus den neueren Schriftstellern, vom 17. Jahrhundert ab, die nichts mehr vor sich hatten, als einzelne Lieder, Sagen, Gebräuche, Sitten und sonstige Ueberbleibsel des thatsächlich längst untergegangenen Heidenthums, welche sie sammelten und bekannt machten. Zu ihnen gehören denn auch die Erklärer der vorhandenen Quellen, die Sprachforscher und die bisherigen Bearbeiter der slawischen Mythologie. Hieraus ergibt sich auch von selbst die Folge, in welcher diese Quellen aufzuführen, und die Art, wie sie zu benutzen sind. Die Grundlage werden, soweit sie reichen, natürlich die Schriftsteller der ersten Klasse machen, wobei durch die der zweiten und dritten möglicherweise Erweiterung oder Nachweis des Fortbestandes eines Gebrauches oder einer Erinnerung erforscht wird. Was in den letzteren beiden Reihen an neuen Nachrichten auftauchen möchte, bleibt einer weiteren Abhandlung vorbehalten und es werden jetzt nur diejenigen Punkte der slawischen Mythologie der Erörterung unterworfen werden, die sich aus den Schriften gleichzeitiger Autoren herausstellen. Diese sollen dann, soweit die zugänglichen Hilfsmittel reichen, bis zu ihren letzten Ueberbleibseln in Gebräuchen, Sitten, Aberglauben, Sprichwörtern, Redensarten und Ortsnamen, die noch leben, verfolgt werden. Bevor ich jedoch die Untersuchung selbst beginne, will ich noch wenige Worte über das Verhältniss der Hauptquellen unter sich und zu den späteren sagen, um sogleich den Standpunkt festzustellen, der bei ihrer Benutzung und Anführung eingenommen werden muss. Adam von Bremen steht als Urquelle, auch besonders in der slawischen Geschichte da und, was er bringt, verdankt er eigenen Nachforschungen bei kundigen Leuten, wenigstens grösstentheils; doch ihn selbst haben die Späteren fleissig benutzt und ausgeschrieben, so der annalista Saxo, und vorzüglich Helmold und Albert von Stade sowie der spätere Albert Kranz in seiner Metropolis, Saxonia und Vandalia. Eben so selbstständig erscheint Saxo grammaticus, von dem mindestens nicht wahrscheinlich ist, dass er den Adam als Quelle gebraucht habe, und gewiss, dass Dasjenige, was er über slawische Götter und deren Dienst hat, aus unmittelbarer Kenntniss geflossen ist. Auch Thietmar hat wenig andere Quellen benutzt, als mündliche Erzählungen und Selbsterlebtes, wenigstens was die hierher gehörigen Stellen seines Geschichtswerkes betrifft, und auch er gehört zu den Schriftstellern, deren hoher Werth die nachfolgenden vermochte, ihn als ergiebige Quelle zu betrachten. So schrieben ihm nach der annalista und chronographus Saxo, Adalbertus in vita Henrici II., das chronicon magdeburgense, das chronicon halberstadense, Gobelinus Persona, die vita Meinwerci, das chronicon merseburgense und Paulus Lange in seiner zeitzer und naumburger Chronik. Was Helmold endlich anlangt, so lässt sich auch bei ihm keine andere Quelle als genau und wörtlich benutzt nachweisen, als Adam, und bei den für den vorliegenden Zweck wichtigen Stellen spricht er, soweit nicht eben der bremer Geschichtschreiber als Leitfaden diente, aus Erfahrung und selbstgemachten Nachforschungen. Auch diese Quelle wurde mannigfach benutzt. So entnahm besonders Albert von Stade einen grossen Theil seiner Nachrichten aus ihm, ferner der Chronist Detmar, in hohem Grade Hermann Corner, dann Hermann von Lerbecke in seinem chronicon comitum schowenburgensium, der presbyter bremensis, das chronicon slavicum bei Lindenbrog, welches cpt. 1—32 ein lediglicher Auszug aus dem Helmold ist, ferner Albert Crummendyk in dem chronicon episcoporum lubecensium, Schipower im chronicon oldenburgensium archicomitum, Henricus Wolter im chronicon bremense, in hohem Grade Albert Kranz in seinen Schriften und endlich Paul Lange in der zeitzer Chronik. Auch poetisch wurde Helmold bearbeitet oder vielmehr übersetzt von Hermann von Kirchberg bis zu cpt. 110 seiner

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/350&oldid=- (Version vom 2.4.2020)