Seite:Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft 1 (1843).pdf/295

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

sie aber in der Weise bestand, wie sie der Verf. darstellt, darüber kann erst dann entschieden werden, wenn noch sicherere Anhaltspunkte, noch deutlichere Beweise dafür zu Tage gefördert werden, dass der Einfluss nicht ein rein wechselseitiger war und dass die Deutschen eine gewisse Oberherrschaft dabei führten. Als ein mit dem Erwähnten in Beziehung stehender Gegenstand ist der zweite Artikel anzusehen: „Des Freiherrn Schoulz von Ascheraden Geschichte der Güterreduction in Liefland.“ Ein interessanter Beitrag, in welchem besonders die Darstellung der damaligen Zustände Liefland’s interessiren. Eine eigenthümliche Wichtigkeit hat der dritte Artikel: „Das Tagebuch des russisch-kaiserlichen General-Feldmarschalls, des P. Ch. Grafen von Münnich, über den ersten Feldzug des in den Jahren 1735—1739 geführten russisch-türkischen Krieges. Der Verf. fand dieses Tagebuch in der Bibliothek des königl. sächs. Hauptstaatsarchivs, wo es als Manuscript unter dem Titel: „Russisch-türkischer Krieg unter Münnnich 1735 ff.“ aufbewahrt wurde. Mit Recht sagt der Verf., es sei überall das Bild des Selbsterlebten und des Selbstgethanen, was in demselben anspreche. Die besondere Einleitung, welche der Verf. zu dem Tagebuche schrieb, soll, nach seiner eigenen Erklärung, nur eine vorläufige Uebersicht des Hauptinhaltes gewähren und die ohne Zweifel dem Grafen Münnich selbst zuzuschreibende Verfasserschaft ermitteln. Je mehr Gewicht Russland gegenwärtig im europäischen Staatensystem einnimmt, desto wichtiger wird es, nicht blos den gegenwärtigen Zustand des Landes, sondern vielmehr noch den vorangegangenen gründlich kennen zu lernen; nur die vergangenen Verhältnisse sehen wir klar; die Gegenwart ist zu vielbewegt, als dass wir sie unverblendet und ungetrübt betrachten könnten.

 Blicke in die vaterländische Vorzeit. Von Karl Preusker. Dritter Band: Meissnische und benachbarte Gegenden. Erstes Hft. Leipzig 1843. Hinrichs. 120 S. Mit 2 Tafeln.

 Bereits im zweiten Hefte der Jahrbücher S. 135 sprachen wir von dem verdienstlichen Unternehmen Preuskers. Auch von diesem Hefte gilt dasselbe, was wir von dem ersten und zweiten sagten; nur bemerkt man an dem fortschreitenden Werke eine immer grössere Uebersichtlichkeit und zweckmässigere Trennung des Hauptgegenstandes von den zu dessen Grundlage dienenden Notizen und Anmerkungen. Die Masse der einzelnen Daten, welche der Verf. aufführt, ist auch hier ausserordentlich; ihre Zusammenstellung gewährt den Anblick eines Weltmarktes, auf welchem Produkte aus allen Weltgegenden zusammengetragen werden. Am besten sagten uns §. 35: „Mittelalterliche Trachten“ und §. 39: „die Dialectproben aus dem 13ten bis 15ten Jahrhundert“ zu. Die beiliegenden Steindrucktafeln, in vieler Hinsicht besser, als in dem vorhergehenden Hefte, zeigen uns die reizenden Ansichten mehrerer Burgen, z. B. des Scharfenbergs bei Meissen, der Bergveste von Stolpen und vor Allem der umfassenden und weitausgebreiteten Burg Dohna. Dem zweiten Hefte dürfen wir in Kurzem entgegensehen.

 Oestreich und Ungarn. Leipzig. Weidmann, 1843. 65 S. Die beste Brochüre aus deutscher Feder, welche uns bisher über Ungarn zu Gesichte gekommen. Es scheint, als habe Deutschland endlich die eigenthümliche Stellung der Nationen in Ungarn erkannt, als habe es endlich die Ueberzeugung erlangt, dass es den nächstanliegenden slawischen Osten nicht im Stande sei, zu germanisiren, dass es nur durch einen innigen Anschluss desselben bei Anerkennung seiner Nationalität eine Sicherheit an seinen östlichen Grenzen erringen könne, welche die Bedingung eines ungestörten Friedens für die Zukunft und einer raschen Entwickelung in der Gegenwart ausmacht. „Die Stellung der Magyaren zu ihren Landesgenossen und gegen Russland“ ist ein Abschnitt, den wir als höchst gelungen bezeichnen müssen. Wenn die Magyaren die übrigen Nationen

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/295&oldid=- (Version vom 30.1.2020)