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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

müssen sie streng an ihrer slawischen Nationalität festhalten. Und gerade dieses ist es, worin sie durch den innigen Verkehr mit dem Westen, besonders mit Deutschland in Gefahr gesetzt sind. Die böhmischen Gelehrten geniessen grösstentheils deutschen Schulunterricht; ein ihrer Nation fremder Geist bleibt nicht ohne nachhaltigen Einfluss wirksam in ihnen, und wenn man in Deutschland behauptet, die böhmische Gelehrsamkeit sei eine deutsche, so ist das wohl im Grunde falsch, hat aber doch einiges für sich. Viel ärger noch ist es in der eigentlichen, der belletristischen Literatur. Die klassischen Studien liegen bekanntlich im Lande sehr darnieder, an deutschen Meistern bildet sich der junge Czeche empor, deutsche Gefühle, deutsche[WS 1] Denkungsweise saugt er ein, deutsche Romane und Erzählungen, deutsche Dramen verpflanzt die literarische Industrie haufenweise auf den böhmischen Boden. Mit aller Kraft also müssen sich die edeldenkenden Männer des Volkes an das nationale Element anklammern, mit der entschiedensten Entschlossenheit demselben Uebergewicht gegen das Fremde zu verschaffen trachten. Und in dieser Hinsicht ist das vorliegende Buch ein wichtiges Ereigniss. Der geehrte Verf. theilt hier eine Reihe von Bildern und Anekdoten aus dem slawischen Volksleben mit, welche er aus polnischen Quellen übersetzt hat. Sie geben in vieler Hinsicht interessante Bilder aus dem Osten Europas und entsprechen dem oben angeführten Endzwecke. Die Erzählung: Tundza, aus dem Odessaer Almanach, schildert ein Ereigniss aus der Wallachei, in dessen munteren Bildern das slawische Element wie unter Nebelschleier verhüllt, bald klarer, bald dunkler hervorblitzt. Das Unternehmen des Hrn. Zap verdient daher auch in ästhetischer Hinsicht ein allseitiges Lob. Auf ein zweites Heft, welches der Verf. verspricht, sind wir desto mehr gespannt, als derselbe zusagt, darin eigene Artikel über das sociale Leben im Osten zu geben, in welchen wir nicht blos einen leitenden Faden, um in die dargebotenen Bilder Leben und Einheit zu bringen, finden werden, sondern auch sicherlich auf Ansichten zu stossen hoffen, welche die Auffassung des Lebens in jenen Gegenden, wie man sie nach den fremden Reisebeschreibungen aus Deutschland, Frankreich oder England sich bilden kann, in ein ganz anderes Licht setzen werden. Dafür bürgt uns des Verfassers Scharfblick und die mannichfaltige eigene Anschauung, welche ihm zu Gebote stand.

 Věnec. Der Kranz. Sammlung von böhmischen Liedern. Redigirt vom Kapellmstr. Fr. Skroup. Mit einer literarischen Beilage. Prag, bei Hoffmann.

 Es ist das eine Fortsetzung des früher in anderer Gestalt von Chmelenski herausgegebenen Kranzes, eine Art von musikalischer Zeitschrift, welche, nach dem Probeheft zu urtheilen, des Interessanten und Mannichfaltigen viel bieten dürfte. Die besten Komponisten haben ihre Theilnahme zugesichert. Für die Beilage sind die besten Schriftsteller thätig. Das erste Heft enthält mehrere Lieder, unter denen ein Quartett von Skroup sich besonders auszeichnet. Die Beilage bringt neben sechs Liedern noch eine nette „Erinnerung aus meiner Kindheit“ von Čejka, eine wissenschaftliche Betrachtung über den slawischen Gesang von dem bekannten Ludw. von Rittersberg; einen werthvollen Artikel über die böhmische Musik und zum Schlusse ein Feuilleton musikalischen und vermischten Inhalts.

 Njemsko-Serski Słownik: Deutsch-Wendisches Wörterbuch mit einer Darstellung der allgemeinen wendischen Rechtschreibung von J. E. Schmaler. Bautzen 1843. Schlüssel, XXXIX, 150 S. kl. 8.

 Ein seit längerer Zeit erwartetes und in vieler Hinsicht recht brauchbares Büchelchen. Zwar ist durch solche Werkchen in wissenschaftlicher[WS 2] Hinsicht nicht viel zu erreichen; denn einen solchen Werth beanspruchen sie nicht einmal; auch dürfte es Manchem als unverantwortlich erscheinen, dass wir unsre Kräfte

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Druckfehler. deusche in der Vorlage.
  2. Druckfehler. wissenschsftlicher in der Vorlage.
Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/289&oldid=- (Version vom 25.11.2019)