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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Magyaromanen, den Kroaten gegenüber, von Oben begünstigt werden. Diese leidige Meinung gewinnt selbst bei den Unbefangensten auch noch dadurch an Bestand, dass die von den Magyaromanen in Frage gestellte Restauration bisher von Oben weder bestätigt, ja nicht einmal ein Provisorium verfügt worden ist, um den Stillstand der Rechtspflege aufhören zu machen, den die Magyaromanen durch ihre Protestation gegen die Gültigkeit der Restauration hervorgebracht haben. Dieser Zustand ist von eigenthümlicher Wirkung. Niemand weiss, was er thun oder lassen soll. Man fragt sich: sind die Beschlüsse des de facto bestehenden Komitatsmagistrats gültig, oder nicht? und welche Folgen werden sie haben, im Falle die Restauration wirklich als illegal erklärt werden sollte? Welche Rechtsgültigkeit haben die von diesem illegalen Magistrate mit andern, z. B. mit Militär-Behörden gepflogenen Verhandlungen? Nachdem die Magyaromanen die gegenwärtige Komitatsbehörde nicht anerkennen und ihre Protestation gegen dieselbe bis zur Beendigung der Untersuchung von Oben aufrecht gehalten wird, so fragt sich weiter: Bei welcher Behörde soll man gegen Insulte und überhaupt gegen Rechtsverletzungen der Magyaromanen Schutz suchen und finden, indem kein Provisorium bestellt und die Protestanten nicht einmal für einstweilen zum Gehorsam gegen die de facto bestehende Behörde angewiesen sind? Die somit ungescheut thun können, was sie wollen, um so mehr, als deren Versetzung in Anklagestand wegen Ungehorsam von Oben keine Folge gegeben wird.

 Alle diese Umstände könnten die Patrioten, und selbst gänzlich unbefangene Mitbewohner des Agramer Komitats in dem Vertrauen zu der Regierung wankend machen, wenn ihre Anhänglichkeit an dieselbe nicht so unerschütterlich wäre. Inmitten dieses Unmuthes lenkten beide Parteien, Patrioten und Magyaromanen, ihre Hoffnungen zunächst auf die Landeskongregation, sofort aber auf den bevorstehenden Landtag hin. Die Patrioten hegten die Zuversicht, die Landeskongregation werde im Vertrauen auf die in dem Handbillette ausgesprochene Zusage solche Beschlüsse beantragen, die dem Uebergreifen des Magyarismus für immer eine unübersteigliche, gesetzliche Schranke legen sollten. Sie konnten und durften sich der Zuversicht hingeben, weil Seine Majestät in dem Handbillette ausdrücklich erklärte, die croatische Nationalität, Sprache und Literatur schützen zu wollen. Mit stiller Resignation harrten sie demnach der Dinge, die da kommen sollten. Die Hoffnungen der Magyaromanen waren ganz anderer Art; denn diese sannen nur darauf, wie sie die bei der Komitatsrestauration erlittene Schlappe gut machen und die Oberhand gewinnen könnten. Die Oberhand konnten sie aber nur mit überwiegender Intelligenz oder roher Kraft erringen. Sonderbar genug nahmen sie zum Letztern die Zuflucht, und setzten sich dadurch dem Verdachte aus, dass ihre Intelligenz jener der Gegner das Gleichgewicht nicht halten könne. Kaum war die Gewissheit des Landtages ausgesprochen, so eilten auch schon Sendlinge der Magyaromanen nach allen Seiten des Agramer Komitats hin, um den Bauern-Adel zum Erscheinen bei der Landeskongregation, als dem gesetzlichen Vorläufer des hungarischen Landtags anzuwerben. Um ihrer Mission Eingang zu verschaffen, gaben sie sich fälschlich für Komitats-Beamte aus, und beriefen sich auf Aufträge des Banes, die sie nie von ihm, sondern von ihrem Komitée-Direktor erhielten, oder selbst fabrizirten, um damit die arglosen Landjunker desto leichter zu täuschen! Man traut es kaum, zu glauben, und doch ist es wahr, dass sich selbst Religionsdiener, Pfarrer D-c und Z--k dazu hergaben, die Apostel der Magyaromanie in ihrer Mission zu unterstützen und die ihrer Leitung anvertrauten Schäfchen auf Abwege zu führen. Bei den auf so unwürdige Weise zu Stande gebrachten Versammlungen wurde der bezechten Menge das alte Mährchen aufgetischt, es handle sich darum, Kroatien mit Krain zu vereinigen, Kreisämter zu errichten, die Rechte des Bauernadels aufzuheben, deutsche Steuern einzuführen etc. etc.! Mit solchen priesterlich gekräftigten Beweggründen gehetzt, willigte die getäuschte Menge gern ein, zur gehörigen Zeit

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/285&oldid=- (Version vom 25.11.2019)