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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

welche mit den Magyaromanen wegen Gleichartigkeit der politischen Ansichten sympatisirten[WS 1], mit ihnen verwandt und befreundet sind, und in ihrem Solde oder sonstiger Abhängigkeit von ihnen stehen. So bunt die Zuschauermenge war, eben so bunt waren die Individualitäten der Zeugen: Bräute, Maitressen, galante Frauen, renegate Dienstboten. Alles wurde zur Zeugenschaft aufgeboten[WS 2]. Was ein jeder Zeuge angeben müsse, das wurde früher von einem eigenen Komitée bestimmt. Darauf wurden Zeugen von einem zweiten Komitée berufen, das sein Bureau zuerst in der Wohnung des Komes von Turopolya und später in jenem eines anderen Parteiführers aufgeschlagen hatte. In diesen Bureau’s wurde den Zeugen, was sie dem königlichen Kommissair auf Befragen erzählen sollten, eingeprägt, und die Geheimhaltung ihrer Angaben zugesichert. — So gehörig eingeschult, wurden die Zeugen dem Herrn Inquirenten zugeführt, vor dem sie dann nach Beschaffenheit der Umstände ihre Lektion entweder, wie sie es wirklich gesehen — oder wie es ihnen beigebracht worden ist — hergesagt haben. Diese Art, Zeugen abzurichten, wurde von Vielen aus ihnen öffentlich erzählt, aber diese Profanation des Schulgeheimnisses auch ganz natürlich von ihren illyrischen Gegnern benutzt, um darzuthun, welchen Glauben derlei Zeugenschaften verdienten. Nachdem die Klage in dieser Weise erhoben war, wurde sie den Beklagten, insofern sie den Einen oder den Anderen aus ihnen betraf, sammt den einschlägigen Zeugenaussagen zur Beantwortung, respektive Verteidigung mitgetheilt. Nun sah ein Jeder der Beklagten, was gegen ihn vorgebracht, und wer als Zeuge gegen ihn ausgesagt oder auch nur ein schriftliches Zeugniss gegeben hatte! — Mancher der Beklagten staunte sehr, einen vermeintlichen Freund unter den Gegnern als Kläger oder Zeugen zu sehen, und wenn schon die politische Ansicht so viele gute Bekannte, ja die nächsten Verwandten entzweite, so riss die mitgetheilte Klage eine noch breitere Kluft zwischen Beiden. Jene, die sich früher blos gleichgültig mieden, hassten sich jetzt, und dieser Hass wurde leider im Schoosse der Familien genährt. Dass die Illyrier (gegenwärtig aber wegen Verpönung des Namens blos Patrioten genannt) in ihrer Beantwortung der Klage alle Schwächen der Gegner und ihrer Zeugen aufgedeckt und benutzt haben, um die Glaubwürdigkeit des Imputats zu entkräften, ist eine ausgemachte Sache, und liegt in der Natur der prozessualischen Vertheidigung. In wiefern die Widerlegung der Klage gelungen ist, wird die Folge zeigen. Gegenwärtig kann man den Untersuchungsapparat für die reichhaltigste Chronique Scandaleuse des Agramer Komitats ansehen.

 Es haben sich aber die Patrioten nicht immer im Gleise der Mässigung fortbewegt, und liessen sich öfters Ueberwallungen des Patriotismus zu Schulden kommen, die deshalb, weil sie zur Unzeit und am unrechten Orte, wie z. B. bei der Installation des Banes vorgekommen sind, mit vollem Rechte eine herbe Rüge verdienten. Diese wurde auch von Sr. Majestät in jenem Handbillete geäussert, mit welchem die Benennung „Illyrien“ beseitigt worden ist. So viel väterliches Wohlwollen dieses Handbillet übrigens enthielt, so erreichte es leider seinen Zweck, die Aussöhnung oder doch die Annäherung der Parteien, durchaus nicht. Im Gegentheile fühlten sich die Patrioten dadurch in ihrem Wesen erschüttert und gekränkt, wogegen die Partei der Magyaromanen ihren vermeintlichen Sieg dazu missbrauchte, ihre Schadenfreude in Pasquillen zu ergiessen, und die Gegner zu höhnen, statt ihnen brüderlich die Hand zu bieten. Sie musste aber dafür beissende Repliken erfahren!! — Ausser dem dumpfen Schmerze äussert sich aber auch ein bitterer Unmuth in den Patrioten darüber, dass die hungarischen Blätter in Verunglimpfung der kroatischen Patrioten fortfahren dürfen, während dess die Censur selbst die einfache Zurückweisung der Angriffe, oder auch nur eine Schilderung der politischen Ereignisse Kroatiens, welche besonders die dortigen öffentlichen Versammlungen liefern, in den kroatischen Zeitungsblättern nicht zulässt. Dieser Sachverhalt erzeugt die ungünstige Meinung, dass die

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Druckfehler. sympatifirten in der Vorlage.
  2. Druckfehler. aafgeboten in der Vorlage.
Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/284&oldid=- (Version vom 25.11.2019)