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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Himmel die Asche seines Grossvaters ruhte, wo sein Vater das Leben empfangen, wo er selber das grosse Geheimniss der Sonnenwelt errathen und beschrieben hatte, wo er ein Vater von Galiläi und Kepler, ein Ahn von Newton, mit einem Worte, wo er der Patriarch der Sternkunde geworden war.

 Vergebens sprach Ludwig Wachler im Namen der deutschen Nation in seinem werthvollen „Handbuch der Geschichte der Literatur“, Leipzig 1824, Bd. IV. S. 207 folgende Worte: „Von den andern Nationen ist die polnische mit vollem Rechte stolz auf ihren Nicolaus Copernikus aus Thorn, Schüler des Albert Brudzewski in Crakau;“ umsonst wiederholte er dieselben Worte in der spätern Auflage seines Werkes; umsonst sprach der als grosser Astronom in ganz Europa bekannte Dominique François Arago in seiner Lobrede auf seinen Landsmann Laplace (im Journal L’Institut yom 26. Mai 1842) sich über Kopernik so aus: „Je s’éteignit en tenant dans ses mains défaillantes le premier éxemplaire de l’ouvrage qui devait répandre sur la Pologne une gloire si éclatante et si pure.“ Den Baiern gefiel es, den polnischen Kopernik den Deutschen zuzueignen, indem man ihm „einen Ehrenplatz“ unter „Walhallas Genossen“ gab, und diese des neunzehnten Jahrhunderts unwürdige That durch einen Artikel aus München vom 15. Juli 1842, der dann die Runde durch die deutschen Zeitungen machte, öffentlich ausposaunte. Wäre es möglich, dass Walhalla darum, weil es als Wort in die Mythologie gehört und als Bauwerk an der Donau unterhalb Regensburg sich erhebend und der deutschen Erinnerung geweiht, in das Gebiet des Poetischen einschlägt, dass Walhalla darum ein Grab der Wahrheit sein sollte. Unmöglich! Europa ist ja nicht Asien, wo die Geschichte von der Mythologie, die Prosa von der Poesie, die Wahrheit von der Lüge vertreten wird. Im Namen der Geschichte, der Prosa und der Wahrheit vertheidigen wir mit dieser unserer Schrift gerade so, wie es unser ehrenwerthe College und Landsmann Ignaci Loyola Richter unlängst that, dieses unser theures und einzig dastehendes Eigenthum, und hoffen, dass alle Zeitschriften in der Heimath und in der Fremde diese unsre Vertheidigung wiederholen.

 Warschau, den 15. Februar 1843.

Adrian Krzyżanowski,
emeritirter Professor der ehemal. Königl.
Warschauer Universität.


2. Der Einfluss des Slawischen auf das Italienische.
Aus Kollar’s Reise in Italien.

 Pag. 198. Zwischen der slawischen und italienischen Sprache giebt es viele Beziehungen und Wechselverhältnisse, sowohl in Bezug auf den Stoff, als auch in Bezug auf die Form; doch so dass das Slawische grösstentheils älter und originell, das Italienische jünger und von uns entlehnt zu sein scheint. Weil sich nun dessen, so viel wir wissen, bisher noch Niemand angenommen hat, so theilen wir das, was uns auf unserer Reise besonders in die Augen fiel, hier mit.

I. In Bezug auf den Stoff der Sprache.
1. Die Gleichheit der Laute:

 č (wohl ć)- ce, ci: cena Abendessen (lies čena, czena), cibo Speise, ciaskuno jeder. — dž- ggi: oggi (l. odži), oggeto, vgl. das sl. džban, džber, hádže, Hodža etc. — l, lj- glj: figlio, (filjo); orgoglio, foglio, tagliari. — ň-gn: agnello, (aňelo), degno; ogni; signore. — š-sce, sci: lasciare (lašare, laschare) ; scemare ; scimia. — ž- ge, gi, ju: genio (ženio); giardino, giusto, justo.

2. Gleichheit der Wurzeln:

 baj, bajkář, bajka Fabel, bajeti reden; it. (bajazzo), sbagio, sbajaffare, sbajaffone. — běl, bělý weiss; bělohlawa, bele dwory d. i. krasný schön, it. bello, bellone, bellezza. —

Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/263&oldid=- (Version vom 12.12.2020)