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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

erworbenes Hab’ und Gut den Schulen, der Akademie, der Theologie, mit einem Worte der Religion und der Kirche geopfert: und jetzt, in meinem höheren Alter, wo ich nach dem von Gott mir zugetheilten Talente der Kirche und der Religion nützlich sein könnte, wird mir alle Gelegenheit und Möglichkeit dazu entrissen. Ihr habt aus uns Slowaken, die wir nicht magyarisch können, blosse Figuranten und stumme Zuhörer gemacht. Wer am besten magyarisch kann, der ist jetzt der grösste Patriot, und giebt sein Urtheil über Religions- und Kirchensachen ab, wenn er auch gar keine Religion hätte. Gott der Allmächtige wird über diese Unbill richten; sie ist eine der schmerzlichsten meines Lebens. Ich und viele andere mit mir haben das nicht verdient, denn wir haben in unserer Jugend weder Bedürfniss noch Gelegenheit gehabt, das Magyarische zu erlernen, und jetzt im Alter haben wir dazu weder Zeit noch Lust, noch Befähigung.“ Auf die Frage des Grafen, ob er gegen die Union sei, erwidert Kollar: „Gegen die Union bin ich nicht, sondern nur gegen den Zeitpunkt und die Art und Weise. Zu einer religiösen Vereinigung ist gegenwärtig in unserm Vaterlande der Zeitpunkt ganz ungünstig; denn die Nationalfrage beschäftigt und rüttelt gegenwärtig Aller Gedanken auf, und hat zwischen den Partheien Misstrauen erzeugt. Die Slowaken sind der Meinung, dass die evangelischen Magyaren im Gefühle ihrer geringen Anzahl und Schwäche mit den Calvinisten, die fast alle reine Magyaren sind, nur deshalb sich uniren wollen, damit sie so mit vereinten Kräften desto stürmischer sich auf die Slowaken stürzen und mit desto sichererm Erfolge sie magyarisiren könnten. Die Art und Weise aber, wie man die Union zur Sprache gebracht, war darin fehlerhaft, dass der Graf selbst auf eigene Hand ohne Berathung mit der Kirche und den Senioraten die Sache in Anregung gebracht hat, und das noch an dem allerunglücklichsten Orte, nämlich in den politischen Zeitschriften; d. h. miscere sacra profanis und die Perlen in den Koth werfen; geschweige davon, dass der Herr Graf selbst unser slowakisches Volk schwer verletzt haben, theils in Ihrer Rede bei Ihrer Wahl und Installation, theils in magyarischen Zeitungen, theils durch Verfolgung slowakischer Institute und Lehrer an evangelischen Schulen, besonders aber durch Ihre unrühmlichen Intriguen gegen den Pressburger Lehrstuhl.“ Und weiter unten heisst es: „Die Kirche ist uns fast gänzlich aus den Händen gerissen und den Advokaten hingegeben; in schlimmere Hände aber hätte sie wohl niemals kommen können. Das Papstthum war drückend, viel drückender aber ist diese Metzelei in der Kirche.“ Der Verf. behauptet dann, „dass auf dem Wege der Convente für die Kirche und Nationalität schon alles verloren sei und dass hier weder für die eine, noch für die andere Hülfe und Rettung blüht.“ — Der Verf. bereiste zuerst Südungarn jenseits der Donau und Illyrien, von da ging er in die Lombardei und nach Mailand, begab sich dann nach Tyrol und Baiern und kehrte über Wien nach Hause zurück. Unter den mannichfaltigen Schilderungen, welche der Verf. anbringt, ist des Interessanten und Lehrreichen so viel, dass wir keineswegs im Stande sind, selbst nur das Wichtigste davon anzugeben. Einzelne Partieen des Buches geben wir in diesem und dem folgenden Hefte der Jahrbücher unter den Miscellen. Höchst interessant sind besonders die antiquarischen Untersuchungen und Berichte, welche einen Haupttheil des Buches ausmachen. Ueber die Verwandtschaft des Italienischen mit dem Slawischen hat sich der Verf. weitläufig ausgesprochen und dabei Ansichten vorgebracht und zum Theil tiefer begründet, welche die ganze bisherige Auffassung der alten vorchristlichen Zustände Oberitaliens umstürzen müssen. Das Resultat seiner Untersuchungen ist grossentheils in folgenden Worten zusammengezogen (S. 204): „Mit einem Worte, Geschichte und Geographie, Sprache und Sitten und tausend andere Veranlassungen und Umstände liefern den unumstösslichen Beweis, dass schon in der Urzeit, vor den Römern und Kelten nicht nur in ganz Oberitalien, in der Lombardei und im Venetianischen, sondern auch in der Schweiz, in Tyrol und einen Theil Baierns, in Rhaetien und Norikum Wendoslawen wohnten, und dass der Baum des italienischen Lebens seine

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/226&oldid=- (Version vom 18.12.2019)