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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

Ungarn noch nicht möglich gewesen ist, wo eine wahrhaft tyrannische Unterdrückung der slawischen Presse alle Freiheitsphrasen der Magyaren von Pressfreiheit Lügen straft, und wo es auch sobald nicht anders werden kann, da der neueste ungarische Pressgesetzentwurf blos der magyarischen Presse Freiheit vindiciren will, die slawische und die deutsche Presse aber in bisheriger Unfreiheit belassen werden soll. Deutschland hat bis jetzt diesen nationalen Kämpfen noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt, und doch handelt sich’s hierbei auch darum, ob mehr denn eine Million Germanen dem magyarischen Finnenthume verfallen soll oder nicht! In ganz Russland befinden sich nicht mehr denn 450,000 Deutsche, und welches Geschrei hat man in Deutschland über die Russificirung der Ostseeprovinzen erhoben. Fast scheint es, als ob man sich durch die magyarischen Freiheitsphrasen bestechen liesse.

 Ein kurzer Ueberblick der bekannten Ursachen des Falles Polens, wobei nur der Mangel eines kräftigen Städtelebens und der vergiftende Einfluss der Judenwirthschaft nicht genugsam hervorgehoben sind, sodann die Bestimmung des von Polen bewohnten Landes leiten den Artikel über Polen ein. Die politische Zerrissenheit des polnischen Volksthumes in der Gegenwart findet sich kurz und kräftig geschildert. Der Stand der Literatur in den verschiedenen polnischen Landestheilen, die Seichtheit und der Mangel alles Gediegenen und Gründlichen, welche in Warschau herrscht, die nicht minder überall ersichtliche Oberflächlichkeit, dabei aber erstaunliche Fruchtbarkeit im lithauischen Geistesleben, die völlige Apathie Galiciens, die Todtenstille Krakaus, das freiere und ergebnissreichere Streben in Posen, werden in kurzen Strichen gezeichnet. Die anerkennungswerthen Bestrebungen der posener Polen, welche sich in einem lebhaften Journalismus und in Vereinen für die Bildung der unteren polnischen Volksklassen vorzugsweise kund geben, finden hierauf ihre verdiente Würdigung. Die Posener haben endlich erkannt, dass nur durch die Beförderung ächt heimischer Cultur dem fernern Eindringen fremder Elemente gewehrt werden könne. Das Band der nationalen Cultur wird die verschiedenen polnischen Stände inniger verbinden, als dies ehedem die straff gezogenen Bande der nun gebrochenen Leibeigenschaft vermochten. Die Schilderung der hoffnungsvollen posener Bestrebungen und ihrer bisherigen Ergebnisse contrastirt sehr scharf mit der Versumpfung des polnischen Elements und Lebens in Galizien und der geflissentlichen Unterdrückung desselben im Königreiche Polen. Die Pest der Judenwirthschaft — der man gegenwärtig in Posen von Oben herab ein Ende zu machen ernstlich Anstalt zu treffen scheint — wüthet dort ungescheut fort und untergräbt die geistige und die physische Wohlfahrt aller Klassen der christlichen Bevölkerung. Gesetze helfen nichts, da sie nicht gehandhabt werden.

 Episodenartig ist nach dem Artikel über Polen ein Resumée der Thätigkeit der sogenannten „polnischen Emigration“ eingeflochten. Das einzig Erfreuliche daran ist die erstaunliche Thätigkeit der ausgewanderten Polen für die nationale Literatur. Fast scheint es, als ob die Werke, welche der Muse dieser unfreiwilligen Auswanderung ihre Entstehung verdanken, die einzige Frucht und wohl auch das einzige Denkmal derselben für spätere Zeiten verbleiben wollten (?). Im Uebrigen gleicht das politische Leben der Polen in der Emigration noch immer dem alten wilden Reichstagstreiben: Partheiung über Partheiung. — Der ganze Artikel ist ein Auszug aus dem demokratischen Almanach der Emigration.

 Die Besprechung der Ostslawen beginnt mit den Illyrer-Serben, dem Völkercomplexe, welcher die weiten Länder von Kyseg, im Eisenburger Comitat, bis an die Mündung der Bojana ins adriatische Meer in Albanien, und von Temeswar in Ungarn und Negotin in Serbien bis nach Resciutta im Görzer Kreise bewohnt. Unter vielen Stämmen treten namentlich die Slowenzen in Krain, Kärnthen und Steyermark, die Chorwaten in Chorwatien und die Serben durch ihre Bedeutung hervor.

 Der Verfasser des vorliegenden Buches ist ein Gegner des Illyrismus. Vernehmen wir seine Worte und beleuchten wir sodann die Ideen. Nachdem der Verfasser

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/193&oldid=- (Version vom 11.11.2018)