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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

die Regierung die historische Forschung unterstützt. Man vergleiche damit die Behandlung, welche der Berliner Akademie zu Theil wurde, als es sich um die Herausgabe der Werke Friedrich des Grossen handelte.
K.


Paris.

Der 29. November wurde von uns wie alljährlich mit grosser Feierlichkeit begangen. Auch über den Panslawismus kam man zu sprechen. Der Fürst Adam Czartoryski sagte in seiner Rede unter andern Folgendes: „Auf dem weiten Flächenraume des Slawenthums erwacht ein neuer Geist und fordert eine eigene Wissenschaft, ein eigenes Leben, ein Geist des Glaubens an sich und an seine Bestimmung. Lasst uns ihn willkommen heissen mit Freude und mit Mitgefühl, wie es Brüdern geziemt, welche auch uns von ganzen Herzen wohlwollen. Ganz anders waren ihre Verhältnisse früher, ganz anders sind sie jetzt. Sie haben sich erkannt auf dem falschen und gefährlichen Schutze von Moskwa und ziehen demselben jetzt sogar ihre gegenwärtige Lage vor; denn in dieser sehen sie eine grössere Garantie für ihre Hoffnungen. Vielleicht wird es die erbarmungsvolle Vorsehung für gut finden, durch unerforschliche Mittel den Osten dem Westen zu nähern; schon bereitet sie ein Bündniss derselben in einer für beide Theile beglückenden geistigen Einheit. Was immer auch geschehe, Polen hat in dieser neuen erwachenden Welt von besonderen individuellen Nationalitäten bei gemeinsamer Verbrüderung seine bedeutsame Stelle, welche ihm nicht genommen wird. Nur mag es selbst sich nicht zurückziehen in diesem Wettstreit und nicht ermatten in seinen Bestrebungen; es arbeite nur immer nach dem einen grossen Ziele hin — auf Gott steht unsre Hoffnung.“ — Diese Worte erregten bedeutendes Aufsehen in der Versammlung und mehrere Redner erhoben sich gegen dieselben; denn selbst unter uns gibt es noch gar viele, welche nicht begreifen können, dass es ein Bestreben aller slawischen Völkerschaften nach wissenschaftlicher Einheit ohne politische Tentenzen vorzüglich für Russland geben könne. Ein czechischer Emigrant, ein allgemein geachteter und wegen seiner hohen Kenntnisse und seiner festen Gesinnung in grossem Ansehen stehender Mann, sprach sich zuletzt mit kräftigen Worten für die Idee aus. Allein selbst da noch riefen Viele ihm entgegen: „Wir sind keine Slawen, sondern Polen und wollen das auch bleiben.“ So sind es denn immer noch sehr wenige unter den Emigranten, welche begreifen können, dass man für sein Vaterland von ganzer Seele begeistert sein kann, ohne deshalb das Band zu verachten, das uns mit andern Nationen zu einer Verbrüderung umschliesst.




Aufforderung.

 Die ungemeinen Hindernisse, welche einer regelmässigen Verbindung mit den verschiedenen slawischen Ländern entgegen stehen, und welche nur durch ein beharrliches Streben allmälig von uns werden besiegt werden können, zwingen uns, hiermit alle Herren Schriftsteller und Verleger, welche ihre neuen Werke in den Jahrbüchern bald besprochen wünschen, dringend aufzufordern und zu bitten, ihre Exemplare so schnell als möglich an die Redaktion einzusenden, da wir uns sonst nicht selten werden gezwungen sehen, statt unseres eigenen die Urtheile anderer Blätter mitzutheilen, für deren Gründlichkeit und Unparteilichkeit wir natürlich nicht bürgen können.

Die Redaktion.

Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/169&oldid=- (Version vom 11.11.2019)