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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

darum hat das Buch, so einseitig es an sich ist, einen ungemeinen Werth für die Forschung der Geschichte des deutschen und westslawischen Mittelalters. Freilich läuft da nicht selten auch Manches mit unter, was an andern Orten vollständiger, genauer und besser schon längst dargestellt ist; aber man stösst auch wieder auf Capitel, welche das bisher Bekannte weit übertreffen. Die Hauptabschnitte, in welche der Verfasser seinen Gegenstand zerlegt, sind im I. Bande: Die Begründung der deutschen Herrschaft unter den Wenden von S. 97—150, d. i. von Karl d. Gr. bis zu den Ludolfingern in der ersten Hälfte des X. Jahrhunderts. — Die Begründung der römischen Kirche im Wendenlande von S. 151—201, d. i. die Nordelbinger Mission, das Erzstift Hamburg, die wendischen Bisthümer, das Erzbisthum Magdeburg. — Die Vikinger des Wendenlandes von S. 203—250. Die Jomsburg. — St. Adalbert der Slawe und der Abfall der Wenden bis auf Kaiser Otto III. und seine Wallfahrt nach Gnesen. S. 251—308. — Der II. Band beginnt mit dem Streite der Deutschen und Polen um das Wendenland S. 1—58. — Der Kampf der selbsterwachten Slawen oder: die Vernichtung der deutschen und polnischen Herrschaft im Wendenlande S. 59—124. — Als Folge dieses Kampfes die Freiheit und Verwüstung im Wendenlande S. 125—182, wobei Heinrich IV. sich besonders thätig zeigt. — Erneuerung der deutschen Oberherrschaft (besondere Abodriten- oder Bodricen-Herzoge unter sächsischer Oberhoheit) im Wendenlande S. 183—218. — Erneuerung der Missionsthätigkeiten im Wendenlande S. 219—288. Otto und Norbert, Hartbert und Vicolin; Bernhard. — Wirren aus der deutschen Herrschaft und den kirchlichen Bestrebungen im Wendenlande S. 289—363. Die Kämpfe unter Kaiser Lothar. — Wir wünschen von ganzem Herzen, die Erscheinung des dritten Bandes möge sich nicht über die versprochene Frist hinausziehen.

 Diplomatische Geschichte der polnischen Emigration. Von ***r. Stuttgart 1842. Castl. 8. VIII u. 346 S.

 Die polnische Emigration bildet selbst in ihrem jetzigen Zustande, obgleich sie fast bereits 11 Jahre aus dem Vaterlande entfernt, obgleich sie in die verschiedensten Länder des Westens zerstreut, obgleich sie unter sich in die schroffesten und grimmigsten Partheiungen zerrissen ist, einen so interessanten Gegenstand der Betrachtung und Aufmerksamkeit dar, dass sich unwillkührlich jedes Auge nach der Seite hinlenket, wo eine Stimme über dieselbe sich hören lässt. Und daran ist nicht bloss „jener übertriebene, jeden Vernünftigen zuletzt wahrhaft anwidernde Enthusiasmus, den die Polen und ihre Revolution bei der Umwälzungsparthei (!!?) aller Länder fanden“, Grund, wie der ehrenfeste und ritterliche Herr Verfasser sich selbst auf das Deutlichste charakterisirend in den ersten Zeilen seiner Vorrede sich auszudrücken beliebt; sondern vielmehr noch die Ehrfurcht und die gewissermassen heilige Scheu, welche man dem Sturze einer grossen Nation zollte. Und dieses Mitgefühl wird der Verfasser, der einer der wüthendsten Feinde und Verächter Alles dessen ist, was polnisch heisst, nicht im Stande sein, aus dem Herzen der Völker zu vertilgen, in die es die allmächtige Stimme der Oeffentlichkeit mit hellen Zügen eingegraben hat. Für jetzt wendet er jedoch noch das ganze Unmass seines Ingrimms gegen die Emigration: „es ist nicht mehr zu frühe, ruft er aus, der Welt über dieses Getriebe die Augen zu öffnen, nachzuweisen — so viel diess möglich — wo diese sogenannte Begeisterung ihre Heimath habe, welches Geistes Kind sie selbst, was ihr letzter Zweck sei.“ Und dem Verfasser war in der That sehr viel möglich. Er theilt seinen Stoff in drei Zeiträume ein: Geschichte der polnischen Emigration von dem Eintritte der ersten Flüchtlinge in Frankreich bis zum Schlusse des Jahres 1833 S. 7—25. Dann: Gesch. der poln. Emigr. in den beiden Jahren 1834 und 1835 bis S. 102. Und endlich die Geschichte in der neuesten Zeit bis zum Schlusse des Jahres 1841 bis S. 140. Seine Darstellung ist kurz und gedrängt; die Hauptfakta immer gehörig hervorgehoben, kurz, die Diction lässt nichts zu wünschen übrig. Ob aber die Fakta alle so und gerade in dieser Extensität

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/145&oldid=- (Version vom 17.10.2019)