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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang

hat den schonen Gedanken, nach den 16 Kreisen Böhmens 16 Polka’s mit bömischen Titeln und bedeutungsvollen Sinnsprüchen herauszugeben. Die ersten drei, der „Kaurimer, Klattauer und Ellenbogner Kreis“ alle drei von Labicky, sind schon erschienen. — Auch beabsichtigt er ein Liederbuch (ges. von Pichel) zu verlegen.


 Im Februar 1843 erscheint in Pesth: Beschreibung einer Reise nach Oberitalien, Tyrol und Bayern, mit besonderer Rücksicht auf slawische Nationalelemente beschrieben von Jan Kollar. Das Werk wird aus drei Theilen bestehen: I. Ungarn jenseits der Donau und Illyrien; II. Venedig und die Lombardei; III. Tyrol und Bayern; mit beständiger Hinweisung auf Geschichte, Geographie[1], schöne Wissenschaften, Sprache, Volkssitten und Spiele und andere Erscheinungen, die in diesen Ländern auf slawische Elemente hindeuten. Dazu kommen noch 3 Ansichten, 2 historische Urkunden und eine historisch-etymologische Abhandlung über das Wort holub (columba). Eine besondere Beilage bildet noch: das Lexikon slawischer Künstler aller Stämme, von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Das ganze Werk wird etwa 25. gross Octavbogen umfassen; der Pränumerationspreis ist bis zum 1. Februar auf 2 Fl. 10 Kr. C. M. (1 Thlr. 14 Ngr.) festgesetzt.

 Unter dem Titel: „die schönwissenschaftliche Literatur der Russen. Auserwähltes aus den Werken der vorzüglichsten russischen Poeten und Prosaisten älterer und neuerer Zeit, in’s Deutsche übertragen und mit historisch-kritischer Uebersicht, biographischen Notizen und Anmerkungen begleitet von C. Wilh. Wolfsohn“ erscheint bei L. Fort in Leipzig ein Werk, das Deutschlands Ansichten über die russische Belletristik bedeutend verändern wird, und nicht bloss hier, sondern auch in den slawischen Ländern verbreitet zu werden verdient. Von dem ersten Bande, der die Gedichte enthalten soll, liegt uns die erste Abtheilung 13 Bogen stark vor; wenn wir aus diesem Grunde unser Urtheil bis zum Erscheinen des ersten Bandes hinausschieben müssen, so können wir doch schon jetzt im Voraus versichern, dass das Werk mit vorzüglichem Fleisse ausgearbeitet ist, der bei der Schwierigkeit, sich russische Schriften in Deutschland zu verschaffen, gewiss alle Anerkennung verdient.




Prag, den 15. Novbr. 1842.

 ...... Und so haben wir denn gegründete Hoffnung, dass es mit unserem böhmischen Drama endlich ein Mal besser wird. Die Mittel sind vorhanden (Gebäude und Schauspieler), alles liegt nun an der Direction; wird diese kräftig genug und das nationale Ziel im Auge behaltend ihres Amtes walten, so wird unsere Literatur in dieser einen wirksamen Stützpunkt für ein neues Moment finden und Herr Stjepanek (Regisseur) sich ein ewig dauerndes Verdienst um mehr als zwei Dritttheile der Gesammtbevölkerung unseres Vaterlandes und einen Namen für die Zukunft verschaffen. Sollte er dagegen diess aus den Augen verlieren, sollte er in der Weise fortfahren, wie er es bisweilen jetzt gethan, so wird sich ein späteres Geschlecht (trotz allen jetzigen journalistischen Verschonungen und Complimenten) fürchterlich dafür rächen und die Geschichte unserer Nationalentwickelung ihren Fluch über ihn aussprechen. Der Moment ist wichtig, die Aufgabe gross: also entweder mit kräftigem Arm sie erfasst oder — anderen Händen sie anvertraut! — — Neulich erhielten wir zu unserem Erstaunen auch einen bolgarischen „Morgenstern“, den Herr Pawlow in Odessa herausgibt. Nach dem ersten Hefte, das ich nur flüchtig sah, lässt sich nichts Sicheres voraussagen; allein ein schönes Zeichen bleibt es doch, dass unter dem russischen Scepter auch für die geistigen Bedürfnisse einer stammverwandten Nation gesorgt werden dürfe. Uns Czechen aber, die wir uns mit Recht die Erweckung des Panslawismus zurechnen, ist sie ein schöner Beweis, dass wir nicht umsonst seit Dobrowsky thätig gewesen sind; denn jetzt können selbst unsere wüthendsten und bornirtesten Gegner nicht mehr läugnen, dass unter den slawischen Völkerschaften ein reges geistiges Leben erwacht ist. Ueber jedem Volke ist ein heiter glänzender „Morgenstern“ aufgegangen, danica ilirska (illyrisch), denice (böhmisch), denica-jutrzénka (russisch und polnisch), jutnička (lausitzisch-serbisch) und der bolgarische; ein erquickendes Morgenroth steiget im Osten auf und verkündet den strahlenden, sonnenhellen Tag des Slawenthums.

T.


Pesth, den 28. Novbr. 1842.

 Unser Kampf gegen die Uebergriffe des Magyarenthums dauert nicht nur fort, sondern wird auch noch von Tag zu Tag heftiger. Viel scheint dazu besonders die Deputation nach Wien beigetragen zu haben; denn unsere wüthenden Gegner sind dadurch noch wüthender, aber unsere Stammgenossen (katholischer wie evangelischer seits) dafür auch aufmerksamer auf die Nationalsache geworden, und damit ist schon alles gewonnen. Wenn nur unsere Geistlichkeit und der gebildete Theil unserer Nation erst einsehen lernt, worum es sich handele, wenn sie sieht, dass unsere Nationalität, unsere Denk- und Sinnesweise, unsere Sprache, unser ganzes Wesen und Sein auf dem Spiele steht; dann wird sich auch Alles aufrichten und wie Ein Mann dem Feinde entgegen treten. — Einzig zu bedauern bleibt dabei nur, dass die zahlreichen Deutschen in unserem Lande ihre Stellung so gänzlich verkennen und sich eher magyarisiren lassen, als dass sie sich mit uns vereinten, um mit uns gemeinschaftlich den Uebergriffen der herrschsüchtigen magyarischen

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J. P. Jordan: Jahrbücher für slawische Literatur, Kunst und Wissenschaft. Erster Jahrgang. Robert Binder, Leipzig 1843, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jahrb%C3%BCcher_f%C3%BCr_slawische_Literatur,_Kunst_und_Wissenschaft_1_(1843).pdf/100&oldid=- (Version vom 28.9.2019)
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