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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis

Erzkorallen, Isiden, welche durch ihre schöne Färbung an Zinnober, Mennige erinnern.

3) Die Pflanzenthiere wurden schon von jeher für solche erkannt. Man nannte sie Zoophyten; ein Pflanzenstamm, dessen Blühten sich willkürlich bewegen, Thiere werden.

Sie haben sich wieder nach den vier Hauptländern der Pflanzen geformt. Wurzelzoophyten sind die Schwämme, thierische Pilze; Stengelzoophyten sind die Sertularien oder Korallinen; als Laubzooph. werden die Gorgonien, und als Blühtenzooph. die Seefedern hingestellt, deren Charaktere auffallend mit denen solcher Pflanzenabtheilungen übereinstimmen.

Da diese drei Thierordungen durch nichtthierische Reiche bestimmt werden, und zum Theil noch aus Pflanzenstoffen, Mineralien und Elementen bestehen, so nennt sie der Vfr Halbthiere.

Die vollkommenen Thiere sind nicht mehr an Elemente oder an einen Stamm gefesselt, sondern sind frei. Die niedersten sind ohne Zweifel die Medusen, welche kaum ein anderes Organ zeigen, als eine Menge feiner Röhren, die den gallertartigen Leib, der Wiederholung des Infusorienleibes im Großen ist, durchziehen, so daß der ganze Leib einen Haufen von Gefäßen darstellt: darum Gefäßthiere. Die Eingeweidwürmer stimmen in vieler Hinsicht mit den Quallen überein, und doch auch wieder mit den Rothwürmern, welche wohl entschieden zu den Insecten gehören, daß der Vfr es vor der Hand in Zweifel gelassen hat, wohin sie kommen sollen. Deßhalb hat er sie an mehreren Orten angedeutet. Mit den Medusen haben sie Aehnlichkeit in der weißen, gallertartigen Substanz, im Mangel eines besonderen Nervensystems, in der oftigen Vielzahl der Münde, auch nicht selten in Leibesröhren (wie Fasciola): dagegen mit den Rothwürmern in der Gestalt, dem oft geringelten Leib, dem Darm und den Geschlechtstheilen. Auch weichen sie in ihrem Bau so sehr von einander ab, daß der Vfr sich nicht gescheut hat zu vermuthen, sie gehörten vielleicht zu mehreren Ordnungen. Einige sind wahre Infusionsthierchen, andere Quallen, andere Würmer, andere mahnen an Insectenlarven.

4) Die Quallen sind natürlich nach den Stuffen des Gefäßsystems verschieden. Da diese aber dem Vfr noch nicht klar sind, so hat er jene, der Aehnlichkeit nach, auch in vier Abtheilungen gebracht.

[16] 1) Eingeweidwürmer, 2) Scheibenquallen, 3) Walzenquallen, 4) Krustenquallen, Seesterne, Holothurien, die sich auffallend durch die Leibesröhren zu den Quallen gesellen.

5) Darmthiere sind die Muscheln und Schnecken, bei denen man die Leber als Charakter-Organ ansehen kann. Sie ist vorher noch nicht da gewesen, und hier voluminos entwickelt. Darm, Geschlechtstheile, Nerven- und Gefäßsystem sind nun bleibende (auch bei Insecten) Organe. Die Organisation steigt herauf, indem sie ein neues System nach dem andern in sich individualisiert. Auch das Eintheilungsprincip dieser Thiere nach den Stuffen des Darmsystems anzugeben, ist schwierig. Daher ist der Vfr wieder bei der Analogie stehen geblieben, und hat sie in vier getheilt, nehmlich die Muscheln in zwei und die Schnecken in zwei. Jene in Arm- und Kienenblatt-Muscheln, diese in Sohlen- und Ruder-Schnecken, dort Terebratulen und Austern, hier Wegschnecken und Sepien nebst Clionen Beispiele.

Die Muscheln sind nach ganz neuen Kennzeichen unterschieden, da die Schloßzähne unzureichend und völlig uncharakteristisch sind. Nicht bloß die Muskeleindrücke in den Schalen, sondern die Furchen vom Mantel und den Athemröhren geben das Unterscheidende. So kann man aus der Ansicht der Schale die Organe des Thiers erschließen. Mit der bloßen Schale ist uns nun das Thier gegeben.

6) Die Insecten als Wiederholungen des Pflanzenreichs sind nichts als Luft- und zwar Spiralröhren, oder Lungen, und theilen sich wie die Pflanzen in sieben Ordnungen. Mehr und weniger sind hier nicht möglich, so entschieden ist hier das Nachbild.

1. Wurzelinsecten, . . .  Würmer
2. Stengelinsecten, . . .  Aptera
3. Laubinsecten, . . .  Hemiptera
4. Sameninsecten, . . .  Diptera
5. Kapselinsecten, . . .  Hymenoptera
6. Blumeninsecten, . . .  Lepidoptera
7. Fruchtinsecten, . . .  Coleoptera.

Die drei ersten Ordnungen sind ohne Metamorphose, und die Metamorphose der vier letzten ist nichts anders als der Durchgang durch die drei ersten. Die Raupe oder Larve ist der Wurm, die Puppe die Assel, das vollendete Insect die Wanze oder Heuschrecke. So ist die Metamorphose nur die Entwickelungsreihe der niedern Ordnungen.

Empfohlene Zitierweise:
Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 15–16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_8.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)