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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis


Mollevant, Millevoye, Victorin Fabre, Hayley, Walter Scott, Byron, u. s. w., die, wenn sie auch nicht als höchste Muster gelten können, doch mehr oder weniger wahres Verdienst haben.

Der Wunsch, das bei mir erscheinende Taschenbuch Urania mit einem immer reichern und gehaltvollern Inhalt auszustatten, hat mich auf den Gedanken geführt, obige Bemerkung zu einigen Preisaufgaben zum Behuf des genannten Taschenbuchs zu benutzen, und alle, die sich der Gunst der Musen erfreuen und die Urania mit ihrer Theilnahme zu begünstigen geneigt sind, zu Versuchen in folgenden drei Gattungen einzuladen:

1) in der poetischen Erzählung, wobei Stoff, Gattung und Einkleidung der Wahl des Dichters überlassen bleibt;
2) in der Idylle, d. h. der poetischen Darstellung unschuldiger und glücklicher Menschheit, sie mag nun rein ideal oder mehr oder minder aus der Wirklichkeit entlehnt seyn;
3) in der poetischen Epistel aus dem Gebiet des Lebens oder der Kunst, wobei nur die Heroide ausgeschlossen, dagegen eine didaktische Tendenz als besonders willkommen bezeichnet wird.

DieWahl der Versart, so wie die ganze äußere Form und Einrichtung, bleibt billig der freiesten Willkühr des Dichters überlasse; in Ansehung des Umfangs, der [62] einem solchen Gedichte zu geben seyn möchte, haben mir Pope’s Lockenraub (798 V.) und Versuch über den Menschen 1304 V.) vorgeschwebt. Doch kann diese Bestimmung bei den Schwierigkeiten, welche die harmonische Begränzung eines Kunstwerks hat, und die einzig durch sich selbst bedingt wird, nur andeutungsweise gemacht seyn, und soll damit keineswegs ein festes Maaß angegeben werden.

Für das beste Gedicht in jeder der bezeichneten drei Gattungen, das mir bis zum 1sten Januar 1817 mit Beobachtung der in solchen Fällen gewöhnlichen Formen eingesandt wird, bestimme ich, in so fern es überhaupt ein gutes ist, einen Preis von 20 Friedrichsd’or, nehme dasselbe in die Urania für das Jahr 1818 auf, und behalte mir das Verlagsrecht auf die nächsten fünf Jahre vor, nach welchen es dem Verfasser als freies Eigenthum wieder anheimfällt. Ueberdies erbiete ich mich, das gelungenste Gedicht nach dem gekrönten in jeder Gattung, so fern es sich zur Aufnahme eignet, mit 4 Friedrichsd’or für den Bogen zu honoriren.

Würdige und kunstverständige Männer werden Richter seyn; ihre Namen sollen, wenn sie es verstatten, in der noch vor Michaelis erscheinenden Urania auf 1817, auf deren reichen Inhalt und schöne Ausstattung ich vorläufig aufmerksam mache, dem Publicum angezeigt werden.

Leipzig und Altenburg.

In Verbindung mit der Redaction der Urania,
F. A. Brockhaus.



[61]

E. F. F. Chladni.[WS 1]

1. Der Clavicylinder, erfunden zu Anfange des Jahres 1800, und seit der Zeit nach und nach verändert und verbessert, enthält vorn eine Tastatur, und hinterwärts eine gläserne Walze, welche vermittelst eines Fußtrittes und eines Schwungrades umgedreht wird, und nicht selbst klingender Körper ist, sondern durch ihr Streichen die Töne der innern mechanischen Einrichtung hervorbringt. Das Instrument verbindet mit einem angenehmen Klange, der mit Blasinstrumenten einige Aehnlichkeit hat, die Eigenschaft, daß man jeden Ton so lange als man will, halten, und durch mehrern oder mindern Druck auf die Tasten anwachsen oder verschwinden lassen kann. Es ist unverstimmbar. Bisher hat es der Erfinder, in der Absicht, um es bequem in seinem Wagen unter dem Sitze mitnehmen zu können, sehr im Kleinen ausgeführt, und ihm nur einen Umfang von 41/2 Octave vom großen C bis zum dreigestrichenen F gegeben, und für diese Verhältnisse ist es ebensowohl in der Tiefe als in der Höhe stark genug; wenn man es aber mehr im Großen ausführen will, kann es eine sehr beträchliche Stärke und also auch noch weit mehrere Wirksamkeit erhalten, und einen Umfang der Töne, soweit das menschliche Gehör sie zu unterscheiden im Stande ist. Singbare und gebundene Sätze sind der Natur des Instruments angemessener, als solche, bei denen es hauptsächlich auf Fertigkeit ankommt; indessen spricht es, in der Tiefe sowohl als in der Höhe so leicht an, daß sich auch die meisten Fugen und Präludien von Seb. Bach und von Händel gehörig darauf vortragen lassen.

[62] (Wir haben dieses Instrument gesehen und gehört. Das Wichtigste daran ist zunächst sein wissenschaftlicher Werth, da die musikalische Wirkung erst dann gehörig beurtheilt werden könnte, wenn es im Großen und veststehend ausgeführt würde. Uns scheint es eine Verbindung des Euphons zu seyn mit der Glaswalze, durch deren Umdrehung das Reiben an den Glas- oder vielleicht Metallstäben, und mithin der Ton hervorgebracht wird. Dadurch sind die oben genannten Vortheile erreichbar, vorzüglich der, das man den Ton so lang halten, und während des Haltens verstärken oder schwächen kann, als man will, wodurch ungeheuer viel für die einstige Vervollkommnung der Musik gewonnen ist. Das wissenschaftlich Merkwürdigste ist aber hiebei offenbar die Lösung der Frage: welches ist der Stoff, der wirklich reibt? Die Glaswalze selbst kann weder unmittelbar auf Glas- noch Metallstäben reiben aus bekannten Ursachen. Der reibende Zwischenkörper muß ein Stoff seyn, welcher die Stelle der streichenden Finger vertritt. Können dieses Lederpolster, oder Kork, oder, oder? Das ist das Geheimniß, um das sich noch kein Mensch bekümmert hat. Billig sollte ein großes Orchester suchen, dieses Geheimniß auf eine ehrenhafte Art zu erhalten.)

Anmerkungen (Wikisource)

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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 61–62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_31.jpg&oldid=- (Version vom 8.8.2018)