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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis


seinem End geöffnet, zu zeigen, daß er mit der Oeffnung im Bauch eine gemeinschaftliche Höhle bildet genau in dem Rand des Afters.

[40] Fig. 2. Ein Stück vom Eierstock und Hoden in natürlicher Größe (auch hier), wenn die Eier anfangen, sich zu vergrößern.



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Ueber die Preisaufgaben.

Es liegen eine Menge Preisaufgaben vor uns, die wir demnächst bekannt machen werden, da es vorzüglich die geld- und ruhmberaubten Deutschen sind, welche die lohnlose und, so wie die Früchte ausfallen, meist nutzlose Mühe nach dem Preis keuchend zu rennen, sich auflegen lassen.

Wir wollen keineswegs in Zweifel ziehen, daß die Preisanstalten Nutzen geschafft haben und noch Nutzen schaffen. Viele Ideen werden dadurch bei Vielen angeregt, und zur klaren Darstellung gebracht, die sonst schlafen gegangen wären, viele Beobachtungen werden gemacht, viele Thatsachen bekannt, an die sonst Niemand gedacht hätte. Man hat an den Preisanstalten, wenn auch keine Belohner, doch Unterhändler, durch welche die Geistesproducte in die Welt gefördert werden.

Indem wir das Gute und Nützliche höchlich anerkennen, welches Preisanstalten überhaupt haben, und wir in der Isis alles zur Beförderung derselben thun werden; so dürfen wir eben aus diesem Grunde nicht versäumen, auf die großen Mängel aufmerksam zu machen, womit die meisten, weniger selbst behaftet sind, als womit sie das Publikum und die Preisbewerber plagen.

Und nun zuerst von uns selbst zu reden, wie es sich geziemt, so ist es Welt bekannt, daß in Deutschland für Preisanstalten von den Regierungen entweder gar nichts gethan wird, oder wo ein solches Ding sich zeigt, es in der gewöhnlichen Bettelhaftigkeit erscheint, mit der man die meisten unserer wissenschaftlichen Institute ausstattet, und woran nichts Großes ist, als das Geschrei und der Dünkel, der nicht immer aus Prahlsucht, sondern meist aus der guten ehrlichen Meinung unserer Staatsmänner entspringt; daß wirklich etwas gethan sey, wenn nur so ein Püppchen von Anstalt herumzappele – weil es uns allen in Deutschland an großen Mustern und demnach an der gehörigen Schätzung des Werths der Anstalten fürs Leben – nicht an Geld fehlt; weil wir, hierinn den Franzosen gleich, völlig unwissend über die Anstalten des Auslandes bleiben, ungeachtet wir sie sehr wohl kennen. Der Grund liegt darinn, daß in Deutschland durchgängig bloß Juristen an der Regierung stehen, daß das Studium unserer Juristen und noch mehr der Kameralisten, welche nun so eigentlich den Staat regieren, so erbärmlich einseitig [40] geworden, daß man bei weitem die Meisten als bloße Rechts- und Rechenhandwerker betrachten darf. Seht nur die jetzt Jurisprudenz-Studierenden auf allen Universitäten an. Unter Hundert sind kaum fünf, welche außer der Juristerei noch die menschlichen Collegien besuchen. Mit der Pandectenfeder fliegen sie auf die Universität, und mit dem Pandectenheft watscheln sie an die Rechts- und Staatsmaschine. Was sollen nun diese Menschen für gelehrte Anstalten, für Kunstanstalten, und besonders für Preisanstalten thun, die das Geld aus der Kasse zu locken scheinen, wir sagen, nur scheinen: denn wir werden sogleich sehen, daß es Leute gibt, die auch die Preisanstalten als Finanzspeculation zu benutzen wissen. Doch hiezu haben es die deutschen Financiers, noch weniger die gelehrten Gesellschaften, noch nicht zu bringen bedacht. Verstehen sie auch nicht, mit den Preisen Handel in treiben und dadurch zu gewinnen; so wollen sie doch nichts verlieren, und wenigst dem faulen Grundsatz sogenannter Haushälter nichts vergeben, der da lautet: „Gib nichts her, wenn du nicht mußt, und dann nur so viel als du mußt.

Wir haben in Deutschland nicht wenige Preisanstalten, in Wien, Berlin, München, Göttingen u. s. w. So träg auch alle diese Maschinen gehen, so muß man doch Göttingen als die schnellere loben; aber was sie an Schnelligkeit gewinnt, das macht sie durch Bettelhaftigkeit zu Schanden. Heißt das nicht ein Schülerpensum krönen, wenn man auf eine z. B. ökonomische Preisabhandlung, welche wenigst ein Jahr Versuche, und ein halb Jahr Bücherlesens fordert, zwölf Dukaten, sage zwölf Dukätchen setzt? Kann sich dann diese sonst ehrenwürdige Gesellschaft wundern, wenn sie von Jahr zu Jahr die Dukätchen in der Tasche behält, und kein Mensch mehr sich nach ihren Aufgaben umsieht? Schämt sich ihre Regierung nicht, wenn sie in den Novelle letterarie, Firenze 17 Maggio 1816[L 1] liest: ,,Il premio non essendo che di dodici Zecchini, non può porgere a’Letterati un stimolo così efficace, come quello dell’ onore, che loro ne deriverà grandissimo dall’ essere coronati da una così rinomata Accademia.“ Zu deutsch: „Ihr müßt euch mit den Ehren abspeisen lassen.“

Literatur

  1. Continuazione delle novelle letterarie, Jg. 1816, Nr. 20, S. 80 Google
Empfohlene Zitierweise:
Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 39–40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_20.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2018)