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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis

der Ausführungsgang am vordern Theil isl dünn, sehr durchsichtig und enthält einen solchen Saft; aber gegen Ende May, wenn die Eier wachsen, werden diese drüsigen Körper größer, strotzender, und haben eine bestimmte Absonderungslinie zwischen sich und der schwarzen Substanz dahinter (dieses mahnt uns an ähnliche Organe in Rochen und Haien, welche Eiweiß-Organe seyn sollen), ihr Bau ist mehr entwickelt, augenscheinlich aus Röhrchen zusammengesetzt, die quer laufen, und die Gänge, welche davon ausführen, sind dicker in ihren Wänden und größer.

Am 5ten Juny waren die Eier ausgewachsen, und enthielten einen kleinen durchscheinigen Fleck, den man vorher nicht sah. Zu gleicher Zeit nahm die röhrige Substanz an Breite zu, und der davon abgehende Gang enthielt eine kleberige Flüssigkeit, welche unterm Mikroscop aus kleinen Kügelchen in einer durchsichtigen Flüssigkeit zusammengesetzt erschien.

Am 9ten Juny hatten sich weder die Eier, noch die röhrige Substanz verändert.

Am 11ten waren die Eier von derselben Größe, aber die geringste Gewalt schob sie vom Eierstock weg, die röhrige Structur hatte an Größe zugenommen, der Saft in den Gängen war dicker, klebriger; wenn Wasser zugegossen wurde, so gerann er unterm Mikroscop, und was vorher aus Kügelchen zusammengesetzt war, erschien jetzt als Flocken.

Da diese Thiere zwei Tage gefangen und 120 (englische, 28 deutsche) Meilen gefahren waren, eh sie untersucht wurden, so hatte das Ansehen der röhrigen Theile gelitten: aber ich war so glücklich, am 12ten Juny durch Hrn. J. Banks die Eingeweide von zwei Lampreten aus der Themse zu erhalten, wovon eine gelaicht hatte, die andere gerade bereit war, es zu thun. In dieser letzten war die röhrige Structur noch ganz frisch und sehr deutlich, und der Unterschied im Bau und dem Aussehen zwischen ihr und der schwarzen Substanz trat viel schärfer hervor. Von diesem Exemplar ist die beigefügte Zeichnung Pl. XIV (hier auf erster Tafel) gemacht, in der sich der schwarze Theil netzförmig zeigt. Da dieser bis herauf (oder vor) zum Herzen läuft, und als hinterm Bauchfell liegend betrachtet werden kann, welches beides der Lauf und die Lage der Niere in Fischen ist; so kann man nicht zweifeln, daß er die Stelle dieser Drüse vertritt, während die röhrigen Körper, welche in der Brusthöhle selbst liegen, und zur Laichzeit ums Doppelte ihrer gewöhnlichen Größe anwachsen, als die Hoden angesehen werden müssen.


[38] Die Eier gehen bei der Lamprete nicht wie bei Fischen durch einen Ausführungsgang heraus, sondern fallen aus den Eierstockszellen, in denen sie sich entwickeln (den Dotterkelchen) in die Bauchhöhle, und treten durch zwei kleine Oeffnungen am Untertheil der Bauchhöhle in eine, ihnen und dem Samen gemeinschaftliche Röhre, in der die Befruchtung geschieht (!!). (Wir zweifeln an allen Naturwundern, welche uns solche Vorgänge sind, zu denen sich keine Aehnlichkeit findet. Nun wissen wir aber, daß selbst bei den ausgemachten Zwittern, bei den Schnecken und Regenwürmern (mag auch diese Zwitterschaft noch nicht so entschieden seyn) vor der Fortpflanzung sich zwei besondere Individuen begatten. Was die Natur thut, thut sie nie umsonst, also hier wohl nicht aus leerer Spielerei. Wenn bei so niedern Thieren schon keine Selbstbegattung mehr statt findet, wie ist diese bei Fischen zu denken? Ueberhaupt halten wir es höchst bedenklich, bei den vier obern Thierklassen, welche einen so symmetrischen Leib haben, Zwitter anzunehmen: ja fast halten wir es für unmöglich, daß in einem Thier zwei Hoden und zwei Eierstöcke zugleich da seyn können. Hiezu braucht man nur zu wissen, daß Hoden und Eierstöcke einerlei, nur auf verschiedenen Stuffen entwickelte Organe sind.)

Diese Art der Befruchtung ist um so viel haushältischer als die in den Fischen, daß daraus der Umstand, warum die Hoden so klein sind, klar wird.

In dem Thier zwischen Lamprete und Inger (aus der Südsee: s. vorigen Aufsatz), und im Inger haben die Geschlechtstheile denselben Bau wie in Lamprete.

Erklärung der Abbildungen auf Taf. I.

Taf. XIV. Fig. 1. Eine Lamprete in natürlicher Größe (hier 1/3 verkleinert), geöffnet, zeigt den Eierstock zur Laichzeit; einige Eier liegen los in der Bauchhöhle, andere sind noch in den Zellen des Eierstocks, in denen sie gebildet worden.

An jeder Seite des Eierstocks sieht man einen drüsigen Körper in die Bauchhöhle vorragen, den ich als den Hoden dargestellt habe. Er ist aus Querröhren gebaut; dahinter liegt ein netzförmiges Gewebe, welches höher als der Hoden reicht (also der Streif nächst dem Eierstock oder dem Roogensack), diesen betrachte ich als die Niere. Am Vordertheil des Hodens (nehmlich längs an ihm herunter, die äußerste glatte Röhre beiderseits an dem quergestreiften Band) ist der Samenleiter (Vas deferens); er ist an

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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 37–38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_19.jpg&oldid=- (Version vom 16.6.2018)