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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis

Bildungen, und noch mehr Verrichtungen ist kein Mißtrauen zu groß. Wenn wir leichtsinnig die Reihen der organischen Regeln durchbrechen, wo soll es dann mit unsern Wissenschaften hinkommen? Wir sind verloren, völlig verlassen, wenn nicht die Thierbildungen in ununterbrochenen Stuffen fortlaufen, wenn nicht auch bei verschiedenem Bau doch die Function auf dem alten Gesetz fußt.) Die Gestalt der Höhlen ist so eingerichtet, daß das Wasser auf einer Seite herein, um die vorspringenden Theile herum, und auf der andern Seite herausgelassen wird (Unbegreiflich!). Ein Theil des Wassers geräth in die Mittelröhre, und von da geht es entweder in die andern Beutel, oder am obern (vordern) End heraus in die Speisröhre. Gewöhnlich ist man der Meinung, das Wasser würde durch das Nasloch ausgetrieben, was grundlos ist, da das Nasloch nicht in das Maul durch ist. Die Federkraft der Brustknorpel macht, daß das Wasser aufgenommen wird, und die Muskeln, welche auf die Knorpel und den Herzbeutel wirken, treiben es aus. (Hier geht allenfalls die Erklärung noch an.) Bei dem Thier von der Südsee, welches keine knorpelige Brust hat, sind die Wände der Athemblasen selbst elastisch, wodurch sie für das Wasser offen gehalten werden, daß wieder durch die äußern Muskeln (dieser Blasen) in die Speisröhre getrieben wird. (Warum geht es aber in die Speisröhre und nicht vielmehr wieder rückwärts?)

In dem Inger wird das Wasser durch die Elasticität der zwei Röhren und der Blasen, in die sich jene öffnen, aufgenommen, und der Druck von den äußern Muskeln treibt es in die Speisröhre, von wannen es durch das Loch am untern (hintern) End der Röhre ausgestoßen wird. (Aus der Aehnlichkeit möchten wir das Umgekehrte glauben, und das mittle Loch i für dasjenige erklären, durch das das Wasser in die Speisröhre wie bei den gewöhnlichen Fischen gelangt, aus der es in die Kiemen, und mit derselben Kraft durch die zwei Vereinigungsröhren kk aus den Oeffnungen hh getrieben wird. Da bei beiden vorigen dieses einnehmende Bauchloch fehlt, so darf man bis weiteres glauben, daß das[WS 1] Wasser durch das Maul eindringt.) Bloch hat eine genaue Darstellung mancher Theile des Ingers gegeben, und sie mit Zeichnungen erläutert (in Berliner Ges. Schr. 10. B.)[L 1], doch sind mehrere Irrthümer über die Art, wie das Wasser ausgetrieben wird, eingeschlichen. Er meynt nehmlich, es gehe durch das Nasloch heraus (was freilich völlig verkehrt wäre). Zu diesem Mißgriffe wurde er wahrscheinlich verleitet durch die Anwesenheit [32] eines hintern Naslochs, daß in das Maul führt (während bei den ächten Fischen die hintern Naslöcher völlig zugewachsen sind).

In der Aphrodite geht das Wasser durch die Seitenlöcher zwischen den Füßen in die Höhle unter den Rückenmuskeln, wo es an die Oberflächen der vorragenden Zellen spühlt, durch welche die Luft im Wasser mit den blinden Anhängseln des Darms in Verbindung kommt: ich betrachte nehmlich diese Coeca als die Athemorgane.

Im Egel geht das Wasser durch die Seitenlöcher in die Zellen oder Athemblasen, und durch dieselben wieder heraus.

Die Kenntniß des Athemmechanismus im Stör und in den drei ersten hier aufgeführten Genera setzt uns in Stand, eine regelmäßige Reihe von Geleichen in einer Stuffenfolge von den eigentlichen Fischen bis zum Inger durchzuführen; jede Aenderung des Baus entspringt von einigen besonderen Lebensverhältnissen, in die das Thier versetzt ist (oder umgekehrt).

In den gewöhnlichen Fischen sind die Kiemen so gebaut, daß das Wasser vom Maul aus zu den Kiemen getrieben, an diese vollkommen anspühlt.

Im Stör geschieht das Athmen auf dieselbe Art während er schwimmt: hat er sich aber mit dem Maul an etwas bevestiget, was er mittels Ausdehnung der Lippen vermag, so ist eine andere Athemart nöthig; und man findet, daß beim Vorstoßen des Mauls die Kiemendeckel aufgehoben werden, so daß eine breite Rinne zwischen ihnen und den Kiemen bleibt durch welche das Wasser in das Maul und wieder zurück durch die Kiemen gelangt; an der Innenseite des Kiemendeckels ist derselbe Bau wie an der Seite der gegenüberliegenden Kieme, nur mir geringerer Ausdehnung (Was ist das?)

Das Maul der Lamprete wird anhaltender zum Lauren auf Raub und andere Dinge angewandt, daher die Athemorgane nicht mit ihm zusammenhangen, jedoch ihm nah liegen.

Im Inger, welcher sich von den innern Theilen seines Raubs nährt, und Kopf nebst einem Stück vom Leib in das Fleisch bohrt (wie Lernaea), sind die Athemorgane hinlänglich vom Kopf entfernt, um den Fortgang des Athmens zu erlauben, während sich das Thier in solcher Lage befindet.

Die Athemorgane in den zwei letzten Genera gehören zu einer Reihe weniger verwickelter Baue, und vielleicht haben wenige Thier einen einfachern Mechanismus als der Egel (Viele, z. B. Regenwurm, Arnicola, Nereis etc.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: daß

Literatur

  1. Doctor Markus Elieser Bloch’s Bemerkungen zu obiger Abhandlung des Herrn Abildgaard über den Ansauger (Myxine glutinosa Lin.). In: Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, Band 10 (1792), S. 244–251 (dazu Tafel 4 am Ende des 4. Stücks) UB Bielefeld
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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 31–32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_16.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2018)