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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis

Das Buch hat auch seine Fehler. Manche Thiersippschaften, selbst Zünfte und Ordnungen stehen noch nicht am rechten Platz; dieses gilt besonders von den Eingeweidwürmern, den Terebratulen, Lernäen und Blattwespen. Die Anordnung auf den Kupfertafeln stimmt nicht immer mit der des Textes überein, weil die Tafeln lange vor dem Text fertig waren. In der Terminologie, wozu der Vfr lauter Wurzeln mit großer Mühe aus Idiotiken, Glossarien und Nemnichs Polyglottenlexicon gesammelt hat, steht noch manches Wort, das theils übel klingt, theils unrichtig angewandt ist. Das muß die Zeit feilen.

Diese Naturgeschichte ist mithin jetzt die einzige, worinn alle Entdeckungen, welche seit Gmelins[WS 1] Ausgabe des Systema Naturae Linnei gemacht worden, enthalten sind, worinn alle neue Thier-Genera, welche bis jetzt von Deutschen, Franzosen, Engländern, Italiänern, Schweden und Spaniern aufgestellt worden, aufgenommen und eingereiht sind, worinn viele Genera und noch mehr Species, welche in einer Menge Reisen, Tag- und Gesellschaftsschriften verborgen und vergessen lagen, ausgegraben und zum Leben gerufen worden. Ueberhaupt sind Hundert und Tausend Irrthümer, Vergessenheiten, Nachlässigkeiten, Verkehrtheiten von des Vfrs Vorgängern, verbessert, ohne daß es auch nur einmal bemerkt worden wäre, theils aus Schonung, theils um Raum zu sparen, weil, wäre es einmal geschehen, es durch das ganze Buch hätte geschehen müssen, wodurch es wohl noch um ein Alphabeth hätte größer werden können, besonders wenn noch die Abbildungen so vortretend citiert worden wären, wie es in so vielen leeren Lehrbüchern der Naturgeschichte geschah, worinn die Citate den Text übermannen. Darum begreifen wir den Vfr nicht recht, warum er sich nicht die Ehre angethan, alles dieses in einer gutgeschriebenen Vorrede Beispielfolgend zu rühmen: es müßte denn auch aus Raumersparniß oder aus Achtung der Leser geschehen seyn, von denen der Vfr die gute Meynung zu hegen [20] scheint, daß sie den Geist und die Arbeit eines Werks aus dem Werk selbst herauszufinden lieben werden.

Ueber das Einzelne zu reden gestattet hier nicht der Raum, da die zweite Parthei hereindrängt, um das Gegenstück zu liefern. Wenn diese abgefertiget ist so hoffen wir, es werde jemand anders diesen Gegenstand noch einmal vornehmen, um ihm andere Seiten abzugewinnen, nach denen er gelobt werden kann. Besonders wünschten wir, daß die Behandlung der einzelnen Genera und Species vorgenommen und ins Licht gestellt würde, was der Vfr aus der Erfahrungswelt, als in welcher er nicht daheim seyn soll, zusammen gebracht haben mag, damit der Werth des Werks unabhängig vom System hervortrete. Eine Kritik von des Vfrs neuer Terminologie, durch die er lauter deutsche Wurzelnamen einzuführen gedenkt, würden wir gern von Buttmann vernehmen. Die Anerkennung des eigentlich naturhistorischen Charakters und der Brauchbarkeit dieses Systems für die Naturforscher, welchen besonders Naturgeschichte zu lehren beschieden ist, muß erst von der Zeit erwartet werden, welche allein vermögend ist, alte Gewohnheiten zu tilgen, und das Gemüth für neue Einrichtungen zu öffnen.

Nur müssen wir hinzusetzen, daß bei dem mineralogischen Theil alle Krystallformen abgebildet sind, welche in Haüys Mineralogie vorkommen, welche er, Bernhardi und andere seit der Zeit in den Annales du Museum und in Schweiggers Journal[WS 2] der Chemie bekannt gemacht haben, daß bei der Zoologie alle Genera und zwar in Fächern, welche die natürliche Anordnung geometrisch vor Augen bringen, abgebildet sind. Kunstwerth ist dabei nicht beabsichtiget, sondern bloß daß System und Wohlfeilheit, vorzüglich, damit Studierende in Stand gesetzt werden, dieses Buch, daß ein Kodex der Naturgeschichte ist doch als Lehrbuch sich anzuschaffen.

Um der Unpartheilichkeit willen, vernehme nun der lustige Leser auch das andere Lob.


Zweite Parthei.

(An Prof. Oken)

* * 1812.

In diesem Augenblick erhalte ich die Einlage und unterlasse nicht, sie Ihnen sogleich mitzutheilen. – Lesen Sie und urtheilen Sie. – Ueber diese Gemeinheit kann ich nichts sagen. – Wollen Sie von diesem Briefe auf irgend eine Weise Gebrauch machen: so thun Sie es. – Ich gebe Ihnen … Preis, und * * * wird nicht unwillig darüber seyn, wenn solche B… gezüchtiget werden. –

Ihr Freund * *

[20]

(An Schreiber des Vorigen.)

(Mecklenburg) 1812.

– Unsinn, du siegst und ich muß untergehn!
Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens –
Verflucht sey, wer sein Leben an das Große
Und Würdige wendet, und bedachte Plane
Mit weisem Geist entwirft. Dem Narren-König
Gehört die Welt –

Was diese Einleitung will, werden Sie vermuthen; die Gemeinheit, die albernste Dummheit der Rostocker Professoren hat sich empört; sie haben sich fast

Anmerkungen (Wikisource)

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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 19–20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_10.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)