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8. Damals erfand Gulfilas, der Bischof dieser Gothen (318–388), ein Alphabet und übersetzte die Schriften des Neuen und Alten Testaments in ihre Sprache. Sobald aber die Gothen anfingen, das Alphabet und das Gesetz zu kennen, richteten sie sich Kirchen ihres Bekenntnisses ein und hatten, dem Beispiel des Arius folgend, solche Lehrsätze über die Gottheit selbst, daß sie glaubten, der Sohn sei geringer an Herrlichkeit als der Vater und sei jünger als dieser in der Ewigkeit. Ferner meinten sie, der heilige Geist sei nicht Gott, auch nicht dem Vater wesensgleich, sondern vom Sohn erschaffen, dem Vater und Sohn dienstbar und zu Gehorsam verpflichtet. Sie hielten Vater, Sohn und heiligen Geist für dem Wesen nach verschieden, so daß nicht mehr, wie die heilige Schrift überliefert, ein Gott und Herr angebetet, sondern wie in heidnischer Götzendienerei drei Götter verehrt wurden. Dieser schlimmen Gotteslästerung blieben sie ergeben durch lange Zeit, unter einer ganzen Reihe von Königen, 213 Jahre. Endlich dachten diese an ihr Seelenheil, sagten sich von dem tiefeingewurzelten Irrglauben los und gelangten durch Christi Gnade zum alleinseligmachenden, katholischen Glauben.

9. Im Jahre der Herrschaft des Valens wurden die Gothen, welche dereinst die Christen aus ihrem Lande getrieben hatten, selbst wiederum unter ihrem König Athanarich von den Hunnen vertrieben. Sie überschritten die Donau und unterwarfen sich, weil sie sich dem Kaiser Valens nicht gewachsen fühlten, jedoch ohne ihre Waffen auszuliefern. Der Kaiser wies ihnen Thrazien als Wohnsitz an. Da sie aber bemerkten, daß sie von den Römern ihrer alten Freiheit beraubt wurden, sahen sie sich zum Aufstand gezwungen. Sie verwüsteten Thrazien mit Feuer und Schwert, schlugen das römische Heer und verbrannten den Valens selbst in einer Hütte, in die er sich, durch einen Speer verwundet, geflüchtet