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Johann Most: Die Gottespest

Weib. Woher das „fremde Land“ mit den dort zu findenden Weibern plötzlich kam, hat der liebe Gott freilich nicht notirt, was bei seiner damaligen Arbeitsüberbürdung nicht zu verwundern ist.

Endlich war das Maas voll. Gott beschloss, die ganze Menschheit durch Wasser zu vertilgen. Nur ein paar Leute nahm er aus, um es nochmals zu probiren; unglücklicherweise hatte er sich, aller Weisheit ungeachtet, aber schon wieder einmal vergriffen, denn Noa, der Chef der Geretteten, entpuppte sich bald als ein grosser Söffel, mit dem seine Söhne Allotria trieben. Was konnte aus solch’ einer verlotterten Familie Gutes entstehen?

Wieder breitete sich die Menschheit aus; wieder entwickelte sich dieselbe zu jenen „Rabenäsern“ und „Sündengimpeln“, von denen das bekannte Meklenburger Gesangbuch so viel Böses zu berichten weiss. Gott hätte bersten mögen vor himmlischem Zorne, zumal alle seine exemplarischen Lokalzüchtigungen, wie Austilgung ganzer Städte durch Pech und Schwefel, rein „für die Katz“ waren. So entschloss er sich, das ganze Gesindel mit Stumpf und Stiel auszurotten, als ein höchst sonderbares Ereigniss ihn wieder milder stimmte. Andernfalls wäre es längst um die Menschheit geschehen.

Eines Tages tauchte nämlich ein gewisser „heiliger Geist“ auf. Es ging demselben, wie dem „Mädchen aus der Fremde“ –: Niemand wusste, woher er kam. Der Bibelschreiber (nämlich Gott) sagt nur, er selber sei der heilige Geist. Man hat es also vorläufig mit einer zweieinigen Gottheit zu thun. Jener „heilige Geist“ kam auf den Einfall, in der Gestalt eines Täuberichs mit einem obskuren Frauenzimmer Namens Maria eine Bekanntschaft anzuknüpfen. Er „überschattete“ in einer süssen Stunde die Auserwählte seines Herzens, und siehe da, sie gebar ein Knäblein, was indessen, wie Gott in der Bibel ausdrücklich betont, ihrer Jungfräulichkeit durchaus keinen Abbruch that. Der früher bemerkte Gott nannte sich nun Gott Vater, versicherte jedoch gleichzeitig, dass er nicht nur mit dem „heiligen Geist“, sondern auch mit Gottes Sohn vollständig identisch sei. Man denke! Der Vater war sein eigener Sohn, der Sohn sein eigener Vater, Beide zusammen ausserdem noch „heiliger Geist“. So gestaltete sich die „heilige Dreifaltigkeit.“

Und nun, armes Menschenhirn, halte Stand, denn was jetzt folgt, könnte ein Pferd umbringen! Wir wissen, dass Gott Vater beschlossen hatte, das Menschenpack zu frikassiren. Das that dem Gott Sohn ungemein leid. Er (bekanntlich gleichzeitig Gott Vater) nahm die ganze Schuld der Menschen auf sich und liess sich, um seinen Vater (bekanntlich gleichzeitig Gott Sohn) in seiner Raserei zu beschwichtigen, von jenem zu erlösenden Gesindel zu Tode schinden – natürlich nicht ohne nachträglich wieder frisch und froh in den Himmel zu fahren. Diese Aufopferung des Sohnes (der Eins ist mit dem Vater) machte dem Vater (der Eins ist mit dem Sohn) einen solchen Höllenspass, dass er sofort eine allgemeine Amnestie erliess, welche zum Theil noch heute in Kraft ist.

Das ist der „geschichtliche“ Theil der „heiligen Schrift“. Man sieht, der Blödsinn ist dick genug aufgetragen, um Denjenigen, der