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Illustrirte Zeitung, Nr. 5 vom 29. Juli 1843

die der beiden obern Stockwerke auf kleine längs der Wand hinlaufende Gallerien, die auch, wie oben bemerkt, sich rings um die Halle hinziehen. Am vordern Ende jedes Flügels führt eine durch eine Fallthür verdeckte Treppe zu den im Untergeschosse befindlichen Strafzellen; in der Mitte jedes Flügels aber communicirt eine runde eiserne Treppe mit den Gallerien, und läuft bis zu den Vorrathsbehältnissen unten fort. Die Mundvorräthe werden, nachdem sie aus dem Untergeschosse heraufgehoben sind, längs den Corridors auf eisernen Wagen fortgeschafft. Hohe Fenster im Dache, sowie am Ende und auf den Seiten der Flügel geben die nöthige Helle; des Nachts brennen Gasflammen. Die ganze Länge der Flügel rechts und links, eingerechnet die Zwischenhalle, ist 500 Fuß; die Zahl der Zellen ist auf dem Grundriß angegeben, sie sind zusammen auf 520 Gefangene berechnet. Die Flügel sind mit den Buchstaben A, B, C, D bezeichnet und die Stockwerke mit 1, 2, 3 numerirt. Ein besonderer Flügel ist für weibliche Gefangene bestimmt, er ist von den übrigen Gefängnißräumen getrennt und eine Seitenthür der Mittelhallte führt zu ihm.

Die Zellen sind jede 13 Fuß lang, 7 Fuß breit und haben eine gleichförmige Höhe von 9 Fuß. Die Zwischenwände, welche die einzelnen Zellen von einander trennen, sind 18 Zoll stark und nächstdem noch so aufgeführt, daß das Durchdringen des Schalles so sehr als möglich verhindert wird. Die Decke ist gewölbt; der Zugang des Lichts erfolgt durch ein Fenster von starkem Glas, das mittelst einer eisernen Stange der Länge nach geschlossen ist, so daß es durch dieselbe in zwei Theile, deren jeder ungefähr 5 Zoll mißt, getheilt wird. Vorstehende Abbildung zeigt das Innere einer Zelle. Links ist ein steinernen wasserdichtes Gefäß mit einem gußeisernen Deckel, der an der Wand befestigt ist. Daneben ist ein messingenes Becken, mit Wasser gefüllt, dessen Quantität, um vor Verschwendung zu sichern, auf einen Cubikfuß oder ungefähr 30 Kannen festgesetzt ist; die Röhre, welche das Wasser zuführt, ist mehrfach gebogen, um die Fortleitung des Schalles zu verhindern. Gegenüber steht ein starker dreibeiniger Stuhl und ein schmaler Tisch; darüber ist eine bedeckte Gasflamme. An eisernen in der Wand eingeschlagenen Haken ist die Hängematte befestigt; die Matratze und Decken, welche dazu gehören, werden jeden Morgen aufgewickelt und auf ein Brett links von der Thür gelegt. Ferner befindet sich auf dieser Seite ein Griff, der mit einer Glocke in Verbindung steht; beim Anziehen desselben schiebt sich eine kleine eiserne Tafel, auf welcher die Nummer der Zelle steht, vor die Mauer, so daß der wachthabende Aufseher in der Gallerie sofort erkennt, in welcher Zelle man nach ihm begehrt. Jede Zelle wird mittelst erwärmter Luft geheizt, die durch eiserne durchlöcherte Platten vom Boden aus zuströmt, und zwar aus Röhren, die mit großen Oefen im Untergeschosse des Flügels in Verbindung stehen. Der Abzug der verderbten Luft und die Bewegung der Luft überhaupt erfolgt gleichfalls durch das Medium von durchlöcherten eisernen Platten über der Thür jeder Zelle, welche mit einem großen Schlauche communiciren, der unter der Mitte des Daches jedes Flügels angebracht ist. Diese Maßregeln zur Entfernung der schlechten und Zuführung der frischen Luft, bei denen es darauf ankommt, daß dadurch nicht etwa eine Communication zwischen Gefangenen in benachbarten Zellen herbeigeführt werde, beruhen auf einer Erfindung, deren Ehre den Gefängnißinspectoren und dem Herrn Haden in Trowbridge gemeinschaftlich gebührt; sie zeichnen sich durch Eigenthümlichkeit und Einfachheit aus.

Von der Zellenthür geben wir gleichfalls eine Abbildung. Sie ist von Eichenholz, und zwei Zoll dick; die Ränder derselben sind mit Filz belegt, um Geräusch sowohl als das Durchdringen der Stimme zu vermeiden; auf der der Zelle zugewendeten Seite ist sie noch mit einer dicken Eisenplatte verkleidet. In dem obern Felde derselben befindet sich eine kleine mit Glas und Drahtgaze verdeckte Oeffnung, durch welche der Gefangenwärter von außen hinein sehen kann, ohne vom Gefangenen gesehen zu werden; das untere Feld enthält eine viereckige Fallthür, die durch eine Feder verschließbar ist, und durch welche Speisen und andere Bedürfnisse dem Gefangenen zugereicht werden können.

Die allgemeine Anlage des Gefängnisses, innerhalb der Hauptmauer, kann am besten durch die Anschauung des umstehenden Grundrisses kennen gelernt werden, dem wir die erforderliche Erklärung beigefügt haben.

Große Mittelhalle.

Die letzte Abbildung stellt einen Theil des Innern der Capelle dar. Dieselbe ist mit getrennten Sitzen oder Ständen versehen, welche alle nach der Kanzel an dem einen Ende der Capelle gerichtet sind, so daß jeder Gefangene den Geistlichen sehen, aber auch jeder von diesem gesehen werden kann. Die Rückwände jeder Sitzreihe sind so eingerichtet, daß sie zwar hoch genug sind, um jede Communication zwischen den Gefangenen zu verhindern, wenn sie aufstehen; aber zugleich nicht so hoch, daß die Letztern, wenn sie sitzen, verborgen wären. Ein doppelter Gang, der mitten durch die Capelle geht, steht mit der Haupthalle in Verbindung; eine besondere Treppe führt von der Gallerie zu einer Thür, und von da zu den obersten Sitzreihen, und so weiter herab zu den übrigen. Die Aufseher befinden sich auf Gallerien und im Schiffe der Capelle am andern Ende, so daß sie völlige Uebersicht über die Gefangenen haben.

Es bleibt uns noch übrig, die Räume zu beschreiben, die zum Umhergehen der Gefangenen bestimmt sind. Wie man aus dem Grundrisse ersieht, sind dieselben nach demselben Principe, wie die Inspectionshalle, in Radien gebaut. Der Vortheil dieser Einrichtung ist der, daß der in der Mitte stehende Beamte die ganzen Gefangenen übersehen kann, von denen je Einer in einen der einzelnen durch Zwischenwände gebildeten – auf dem Grundrisse durch Linien angedeuteten – Räume geführt wird. Rings um den Mitteltheil des Ganzen führt ein dunkler Gang, welcher es unmöglich macht, daß der Gefangene den ihn beaufsichtigenden Beamten gewahren kann. Die Zwischenwände sind mit Dächern versehen, um für den Nothfall Schutz vor der Witterung zu gewähren. Die in dem vordern Theile des Gefängnisses befindlichen Bewegungs-Räume sind nach denselben Grundsätzen, wie die zwischen den einzelnen Flügeln, construirt, nur mit dem Unterschiede, daß sie länglich rund, jene aber zirkelrund sind.

Das sind die Haupttheile des Gefängnisses. Unter jedem Flügel sind noch 12 weitere Dunkelzellen für widerspänstige Gefangene. Für den Fall der Krankheit ist zur Zeit noch keine besondere Vorsorge getroffen und die Gefangenen müssen in diesem Falle in ihren einzelnen Zellen ärztlich behandelt werden.

Der Leser kann sich nun eine Ansicht von der Vollständigkeit bilden, mit welcher das Absonderungssystem in diesem

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: Illustrirte Zeitung, Nr. 5 vom 29. Juli 1843. J. J. Weber, Leipzig 1843, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Illustrirte_Zeitung_1843_05.pdf/5&oldid=- (Version vom 21.5.2018)