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Illustrirte Zeitung, Nr. 1 vom 1. Juli 1843


auf einen Raum von etwa 1000 Quadratfuß 30 bis 40 Pflanzen. So würde eine solche Plantage mehr als 4000 Pfd. nahrhafte Substanz liefern. Wenn nun 33 Pfd. Weizen und 99 Pfd. Kartoffeln den nämlichen Raum einnehmen, welchen man nöthig hat um 4000 Pfd. Pisangfrüchte zu gewinnen, so verhält sich das Product des Pisangs zu dem des Weizens wie 133 zu 1; und zu dem der Kartoffel wie 41 zu 1.

Der Pisang ist eins der segensreichsten Geschenke, die der Himmel den Bewohnern heißer Zone verlieh, Aequinoctial-Asien und Amerika, das tropische Afrika und die Inseln der atlantischen und stillen Oceane erfreuen sich seines Genusses. Ueberall, wo die mittlere Temperatur 75 Grad Fahrenheit beträgt, ist der Pisang der wichtigste und interessanteste Gegenstand menschlicher Cultur, seines unendlich reichen Ertrages wegen für einen großen Theil des Menschengeschlechts das, was Korn, Weizen und Gerste für die Bewohner von Europa und Westasien, und was die zahlreichen Varietäten des Reises für die der Länderstriche jenseits des Indus sind. Die Völker beider Indien, unter denen viele Millionen sie als Nahrungsmittel betrachten, lieben die Frucht des Pisangs, ihres Zuckerstoffes wegen, vor allen andern Erzeugnissen ihres Bodens. Drei Dutzend Pisangfrüchte reichen hin, einen Menschen statt des Brodes eine Woche lang zu nähren.

Man pflegt sie, wenn sie reif sind, wie die Feigen an der Sonne zu trocknen. Mehl gewinnt man von ihnen, wenn man sie in Scheiben schneidet und nachdem sie getrocknet, zerstampft.

Der Zwerg-Pisang verdient als Tafelfrucht in unsern Treibhäusern cultivirt zu werden. Er läßt sich am besten durch sorgfältig losgetrennte Schößlinge vermehren. Diese pflanzt man in Töpfe mit guter leichter Erde und stellt sie in ein Lohbeet des warmen Hauses. Sie müssen stark begossen werden, denn die großen Blätter der Pflanzen bedürfen reicher Nahrung. Das fruchttragende Exemplar des Kunstgärtners Jessop bekam täglich zwei Eimer Wasser. Die sicherste Methode sie zur Blüthe und Frucht zu bringen ist, daß man sie nach erhaltener Stärke ins Lohbeet setzt, wo sich ihre Wurzeln nach allen Seiten besser verbreiten können als in Töpfen oder Kübeln. Bei einem Thermometerstand von 75 bis 90 Grad Wärme wird sich Jeder, der den Zwerg-Pisang cultivirt, sicher seiner schönen und nahrhaften Fruchttraube erfreuen können.

G.


Das königliche Hoftheater zu Dresden.

Seit im Jahre 1814 die Administration des königl. sächs. Hoftheaters, dem bis dahin Privatdirectoren – zuletzt nacheinander zwei Italiener, Bondini und Seconda – vorgestanden hatten, zur Zeit des fremden Gouvernements in die Hände des Staats überging, und nach der Rückkehr König Friedrich August’s in demselben Maße beibehalten wurde, mit dem wiederhergestellten Frieden und der nun fortdauernd zunehmenden Bevölkerung Dresdens, sowie sich jährlich vermehrenden Besuch von Fremden, auch die Theilnahme am Theater wuchs, ward der Gedanke der Erbauung eines neuen Schauspielhauses immer lebendiger, und ein solches Unternehmen steigerte sich fast zum Bedürfniß. In der That bot auch schon die äußere Erscheinung des bisherigen sogenannten kleinern Schauspielhauses einen höchst unangenehmen Anblick dar, da es von seinem Ursprung an, in den sechsziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, nur als ein interimistisches Unterkommen erbaut, und später durch vollendete und unvollendete Anbaue aller Art noch mehr verunstaltet worden war. Ebenso war der Zuschauerraum für die vermehrte Zahl der Theaterbesuchenden viel zu klein geworden, und auf der Bühne selbst fehlte es an allen zu entsprechender Aufführung größerer Opern und Schauspiele nöthigen Vorrichtungen und Bequemlichkeiten.

Zwei Ideen kamen in Anbetracht. Entweder ein neues Schauspielhaus zu bauen oder das sogenannte große Opernhaus für diesen Zweck wieder herzustellen. Dieses letztere Gebäude bot allerdings früher, und namentlich unter den sächsischen Königen von Polen, eins der umfangreichsten, prachtvollsten und entsprechendsten Schauspielhäuser dar. Seine Geschichte, sowie die Beschreibung einiger der wahrhaft großartigen Opernvorstellungen, welche bis nach der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts darin gegeben wurden, und wobei Aufzüge mit wilden Thieren aus der königl. Menagerie nichts seltenes waren, würde ein merkwürdiges Blatt für sächs. Zustände in jener Zeit bilden. Hier nur so viel, daß der Schauspielsaal unter der Regierung König Friedrich August’s I. in einen Ballsaal verwandelt und zu großen Hoffesten benutzt, später aber der musikalischen Hofcapelle für die jährlich am Palmensonntage stattfindende Aufführung einer großen geistlichen Musik zum Besten des Pensionsfonds für die Witwen und Waisen derselben eingeräumt ward. Unter den drei General-

Emil Devrient.

directoren, welche seit 1815 dem Hoftheater vorstanden, dem nun verstorbenen Hofmarschall Grafen Vitzthum, dem jetzigen Gesandten in Paris, von Könneritz, und dem noch fungirenden Geh. Rath von Lüttichau, wurden namentlich für den letztern Zweck, da er der mindestkostspielige und am leichtesten auszuführende schien, von fremden und einheimischen Baumeistern, namentlich von Weinbrenner und Ottmer, Thormeier und Thürmer, Risse und Pläne dazu entworfen, die aber alle nicht zur Ausführung gediehen; und in der That kann man sich nur darüber freuen, da ein solcher Umbau der Natur der Sache nach stets nur Unvollkommnes und Vereinzeltes hätte hervorbringen müssen, auch Lage und Umgebungen unübersteigliche Schwierigkeiten darboten. Erst im J. 1838, nachdem indeß das Hoftheater mit auf die Civilliste des Königs übergetragen worden war, faßte der Geh. Rath und Generaldirector v. Lüttichau die erstere Idee fest ins Auge, fand, daß der in jeder Beziehung vorzüglichere Neubau eines Schauspielhauses sich dicht neben dem bisherigen und unter Fortbenutzung des letztern bis zur Vollendung von jenem ohne große Schwierigkeiten ausführen lasse, zog den Director der Bauschule bei der Kunstakademie, Professor Semper, mit zu Rathe, ließ Plane, Risse und Anschläge entwerfen, und erlangte zu Ausführung dieses eben so bedeutenden als für Dresden wahrhaft wichtigen Unternehmens die königliche Genehmigung.

So wurde denn im Jahre 1838 bereits der Grundstein zu dem neuen Hoftheatergebäude gelegt, und die Leitung des artistischen Theils des Baues dem Prof. Semper, die des materiellen aber dem Hofbaumeister von Wolframsdorf übertragen. Mit für ein so großes und schwieriges Unternehmen, bei der musterhaften Solidität und Sorgfalt, womit das Ganze behandelt ward, wahrhaft lobenswerther Schnelligkeit wurde der Bau gefördert, so daß schon im folgenden Jahre der Dachstuhl – auch ein Meisterwerk in seiner Art – darauf gebracht war. Langsamer schritt nun der Natur der Sache nach die innere Ausschmückung bei dem Reichthume und der Eleganz derselben vorwärts, während das Maschinenwesen durch den geschickten Maschinist Mühldorfer aus Mannheim angeordnet und beaufsichtigt ward. Aber auch für das Decorationswesen sollte eine neue Aera beginnen. Zu dem Ende hatte die Generaldirection mit den rühmlich bekannten Theatermalern Sechan, Desplechin, Feuchères und Dieterle in Paris contrahirt und sie zu Fertigung einer Anzahl Decorationen, sowol architektonischer als landschaftlicher, nach Dresden eingeladen, wo sie sich auch für dieses Geschäft während der Jahre 1840 und 1841 aufhielten und in mehreren ihnen eingeräumten Sälen arbeiteten, während die andern noch zahlreich nöthigen Decorationen von dem Dresdener Hoftheatermaler Arrigoni und Inspector Gropius in Berlin gefertigt wurden. Das neue Theater erhielt durch die erstern auch in der That eine Reihe von Decorationen, wie sie deren keine andere deutsche Bühne aufzuzeigen hat, und es ist zu wünschen, daß dadurch ein Vorbild zu fernerer Nacheiferung junger Künstler in diesem Fache gegeben sein möge. So lieferten sie sämmtliche Decorationen zu den Hugenotten, den Park zu Tasso, den freien Platz zur Jüdin und mehrere andere wahre Kunstwerke in diesem Gebiete, wie denn auch ihnen die Ausmalung des Spectatorii, besonders des reichgeschmückten Plafonds, der kleinen Salons an den königl. Logen und des zweiten Vorhangs, eine reiche Draperie darstellend, überlassen ward. Die Ausführung des Hauptvorhangs war dem Professor Hübner übertragen worden. Er wählte dazu eine Idee aus der Einleitung zu Kaiser Octavian von Tieck, deren Hauptgegenstand der Dichter an der Hand der Romanze war, und dessen Andeutung wie einzelne Figuren Th. Hell in dem zur Eröffnung der Bühne gesprochenen Prologe näher erklärt und in lebenden Gestalten vorgeführt hat. Interessant ist dabei auch besonders der untere Streifen, welcher in Gruppen aus Schauspielscenen, gleichsam einen Abriß der dramatischen Dichtkunst der Engländer, Spanier, Franzosen und Deutschen gibt.

Doch auch der Plastik sollte wesentlicher Antheil an der Ausschmückung des neuen Schauspielhauses verstattet werden, und so schuf denn der Prof. Rietschel die Hautreliefs in den beiden Giebelfeldern der westlichen und östlichen Portiken, von denen der eine in der Mythe des von den Furien verfolgten Orest die hohe Tragödie, der andere aber allegorisch die Verklärung der Musik darstellt. Meist en ronde bosse vortretende kolossale Gestalten voll Leben und Charakter, die freilich dem Auge etwas weit entrückt sind, die aber nach des Meisters eigner Zeichnung der Kupferstecher Langer in zwei schönen Platten, die das Vereinsgeschenk des sächs. Kunstvereines für seine Mitglieder auf 1842 bilden, den Blicken der Kenner und Kunstfreunde näher bringen wird. Von demselben trefflichen Plastiker sind auch die kolossalen sitzenden Statuen von Goethe und Schiller, welche rechts und links den Mittel-

Joseph Tichatscheck

eingang des Theaters schmücken, und in denen der objective ruhige Umblick des einen, wie die idealere Gemüthsrichtung des andern im begeistert aufschauenden Auge meisterhaft dargestellt sind. Von dem Bildhauer Hähnel ziert auch ein ungemein geistreich und sorgfältig ausgearbeitetes Basrelief als Fries die hintere Seite des Schauspielhauses, einen

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: Illustrirte Zeitung, Nr. 1 vom 1. Juli 1843. J. J. Weber, Leipzig 1843, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Illustrirte_Zeitung_1843_01.pdf/11&oldid=- (Version vom 11.10.2020)