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diese Vorstellung Richard’s III. der erste Anstoß gegeben, jenen Theaterbrauch zu entfernen, nach welchem die Schauspieler in Nachahmung der Franzosen unter Ludwig XIV. in der augenblicklichen Mode der Zeit erscheinen mußten, wenn auch antike oder mittelalterliche Handlungen dargestellt wurden, eine Sitte, welche Hogarth, wie wir später sehen werden, auf dem ersten Blatte zur Annalyse der Schönheit in Darstellung des Schauspielers Quin als Cäsar lächerlich machte. Wie es heißt, erwies auch Hogarth, welcher mit Garrick persönlich sehr befreundet war, und sich bereits einen größeren Ruhm erworben hatte, durch das vorliegende Blatt seinem Freunde absichtlich einen Dienst, um ihn durch sein Werk bei der Masse des Publikums einzuführen. Wie dem auch sein mag, so wird man hierin den richtigen Takt des Malers erkennen, denn Garrick hat die englische Bühne umgestaltet, und übt auch noch jetzt durch die Tradition seine Wirksamkeit, da sein Verfahren, die Charaktere Shakespeare’s darzustellen, von Geschlecht zu Geschlecht den Schauspielern überliefert wurde.

In der Biographie wurde erwähnt, es sei dem Künstler nie gelungen, die edle Gestalt und das vollendete Aeußere des Gentleman darzustellen, welches Garrick durch seine Erziehung besaß. Es mißlang wenigstens ein Versuch. Vergleicht man das Gesicht des großen Schauspielers auf diesem Blatte mit den gleichzeitigen Porträts, worin Garrick freilich in vollkommener Ruhe dargestellt ist[1], so bietet sich keine große Aehnlichkeit. Allein Garrick besaß die wunderbare Gabe, seine Gesichtszüge sonderbar zu verdrehen, wodurch er es sogar dahin bringen konnte, daß Personen, die ihn nicht näher kannten, oder die ihn zum ersten Male sahen, nach einigen Minuten einen andern Menschen zu erblicken glaubten, wenn er wieder zum Vorschein kam. Zeitgenossen versichern, der Ausdruck des Schauders, wie ihn Garrick bei Darstellung jener Scene zeigte, sei von Hogarth durchaus richtig aufgefaßt, und somit mag die Figur als Porträt gelten. –


  1. Wir meinen vor Allen ein Bild des großen Schauspielers in ganzer Figur von dem bekannten Maler Gainsborough, welches sich im Besitz des Herrn Boydell befindet und welches in Abdrücken ziemlich verbreitet ist.