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auch die Miene des armen Schlachtopfers miterklärt, in welcher offenbar Furcht vor der Alten und der Klosterzüchtigung, wegen des Verraths herrscht. Der Pillen-Vorrath ist nicht klein gewesen, denn ein Büchschen hat das Kind noch in der Hand, wenn es nicht der Deckel zu der geöffneten ist, und eines steht vor dem Lord auf dem Stuhle, von dem es gewiß herunterfallen würde, wenn sich nicht gerade in dem Winkel, den die hochgräflichen Schenkel mit einander machen, ein schickliches Plätzchen für dasselbe zeigte. Daß der Lord sich des armen Geschöpfs wegen setzt, um sich ihm gleich zu machen, und es sogar zwischen seine Beine stellt, ist ein schöner und merkwürdiger Zug von unserm Künstler. Er zeigt, wie gering, kindisch und hilfsbedürftig das kleine Ding selbst in den Augen des Nichtswürdigen erscheint. Einem aufrichtigen Vertheidiger oder Rächer der Unschuld hätte gewiß diese Stellung allein schon die Liebe des Zuschauers gesichert; hier vermehrt sie nun noch dessen Abscheu vor dem ekelhaften, viehischen Wollüstling. Zum wirklichen Dreinschlagen ist wohl das spanische Rohr nicht aufgehoben, es wird bloß ein wenig geschüttelt, um der ironischen Freundlichkeit des Gesichts, und dem zu leichten Spott der Worte die gehörige knüppelhafte Solidität zu geben, durch die allein man sich einer Gesellschaft, wie diese, verständlich machen kann. Die Verantwortung der Priorin mit dem Messer muß nicht von sonderlichen Folgen gewesen seyn. Man hört nichts weiter davon. Vermuthlich hat sich Herr de la Pillüle in’s Mittel geschlagen, mit der Beredsamkeit seiner Nation sowohl, als seines Standes. Das konnte er auch wohl. Ein Hauptingredienz zu Pillen, wie die seinigen, war seit jeher die oratorische Vergoldung; es konnte ihm, der so manchen schwereren Frieden zwischen Ich und Nicht-Ich geschlossen hatte, wobei diese Vergoldung schon ein Hauptingredienz war, unmöglich schwer fallen, einen so leichten, als der zwischen Stock und Klappmesser, vermittelst der Vergoldung allein zu schließen.

Dem sey, wie ihm wolle, so hält jetzt die Betschwester ihr halbgeöffnetes Klappmesser, so wie ihr Gegner den halb aufgehobenen Stock, wenigstens als weisenden Accent für diejenigen, die in ihren Mienen noch Zweideutigkeit finden möchten. Auf ihrer Brust sieht man die