Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/63

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gerade das Gegentheil. Es ist zu arg. Was bei dieser Handels-Speculation dort, beim silbernen Tischchen mit Beuteln und Stammbäumchen abgethan wird, läßt sich noch hören, aber – aber die Lieferung an Naturalien da auf dem Canapee taugt nicht den Henker. Man bedenke nur. Er, mit dem geringen aber edeln Rest von Körper, den er noch aus dem Feuer gerettet hat, in die schönste Wellen-Linie Hogarth’s hingebogen; – Sie, noch ganz, aber in der völligen attitude à dos d’ane[1], und in eine Sägebocks-Form gebrochen, die selbst das stoffene Kleid nicht verhüllen kann. Seine Arme, wie sanft gestützt! und die Hände, wie leicht gehalten! Antinous und Adonis, wenn sie je hätten schnupfen wollen, hätten nicht reizender können schnupfen wollen. – Die Ihrigen, in parallele Winkel geknickt, hängen da, wie die lahmen Haken an einem alten Futteral, wenn sie ihre Oehsen verloren haben. Er spielt mit dem Döschen und dem Schnupftabak, und damit sind wenigstens drei Viertel der ganzen Bestimmung dieser Spielsachen wirklich erfüllt: – Sie hingegen spielt mit dem Trauring, durch den sie ihr weiches und feines Schnupftuch gezogen hat, woran sie ihn wirbelt und schleudert, und vermuthlich ver- – schleudern wird. Der Trauring ist für sie eine Prise, die sie diesen Morgen ehrenhalber genommen hat, und weil sie nicht nach ihrem Geschmack ist, bei der ersten Gelegenheit heimlich verzettelt. Manche Menschen wollen in den Spielsachen dieser Liebenden tiefere Bedeutungen finden. Das mag seyn, mag aber auch so bleiben. Ich wenigstens, mag aus tiefen Bedeutungen keine Spielsachen machen. Seine Miene, wie holdselig! Etwas matt freilich, aber doch sanft; zwar mit Spuren der Debauche, aber doch auch der Bildung. Aber die Ihrige! – – Behüte und bewahre alle Menschen vor


  1. Da man sich bei Beschreibungen von Damen-Kleidern durchaus der französischen Sprache bedient, so ist es ja wohl verstattet, bei Beschreibungen von Damen selbst ein Gleiches zu thun, zumal da der Unterschied zwischen beiden in unzähligen Fällen auf eine bloße Kleinigkeit hinausläuft.