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ist gar nicht zu denken, denn wer in aller Welt schnäbelt sich so? Das Gleichniß, das hier vielleicht noch am weitesten reicht, wäre, zu sagen: der Bräutigam sitze neben der Braut, wie ein krankerSeidenhase neben einem raschen Igelweibchen. Er, mit bereits ausgelöschtem Lichte und Feuer seiner Augen, und mit einem sehr bedeutungsvollen bon-ton-Pflaster unter dem Ohre, nimmt mit superfeiner Grazie eine Prise. Sein Lächeln ist das Lächeln der gedankenlosesten Selbstapprabation bei der äußersten Erschlaffung des Leibes und der Seele. – Was ihn noch hält, ist vielleicht ein halb eifersüchtiges Lauschen auf ein kleines Geflüster, das wir selbst ein wenig behorchen wollen. – Er sitzt – freilich wohl – aber er sitze, womit oder worauf er wolle, so ist wenigstens so viel gewiß, er sitzt miserabel. Auch bei ihm sprechen die Füße, wie bei seinem Vater über Credit. Sie heben sich sogar im Sitzen auf die Zehen, vermuthlich um irgendwo in einer höhern Gegend die Berührungspunkte zwischen Sitz und Sitzfleisch so viel als möglich zu vermindern. Sein Gesicht wendet er gegen den Spiegel, aber bloß weil der Spiegel an der Seite hängt, wo die Braut – nicht sitzt. Mit dem Spiegel selbst hat er nichts zu schaffen. Alles, was er da sehen könnte, wäre höchstens ein Bischen Silberblick von seinem Pracht-Aermel. Denn daß er sich selbst im Spiegel sehen könnte, oder gar die Braut in demselben belauschen, wie Herr Ireland glaubt, ist eine katoptrische Unmöglichkeit. – Es erweckt eine ganz seltsame Empfindung, wenn man diese zerbrechliche Marcipan-Puppe mit dem eisernen Normanne dort vergleicht, von dem sie abzustammen wähnt. Wäre auch der tapfere, feurige, ehrgeizige und nichts weniger als sonderlich weichherzige Wilhelm mit seinem Hieber in Person hier, so möchte wohl das sicherste Plätzchen im Zimmer für Ihro Hochgeborenen, wenn sie bessere Springfüße hätten, dort beim Fenster seyn. Nun die Braut! Gütiger Hymenäus, was hast du da vor, und wie war es möglich, nur so was zu denken? Sieh nur hin! Sieh nur hin! Wenn man die Kleinigkeiten abrechnet (das Einzige, worin die beiden Leutchen noch ein wenig harmoniren), nämlich, daß sie sich beide, wie man sieht, einander hassen wie den Teufel, so sind sie denn doch fürwahr in allen übrigen Stücken