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Vor dem Brautpaare stehen, wie zwei Liturgie-Uhren, der Herr Pastor und der Küster; sie sind beide auf Trauung gestellt, jener der Regulator, dieser der Zähler. Wirklich ist auch der englische Küsterdienst einer von denen in der Welt, die gewiß eingehen werden, so bald Herr v. Kempelen mit seiner Sprechmaschine zu Stande kommen wird; und schon jetzt, sollte man denken, könnte eine Uhr mit Amen, nicht viel schwerer sein, als eine mit Guckguck. – Man glaubt, man hörte den Mann sein langweiliges Amen blöcken. Indessen, durch das kalte Dienstgesicht durch, bemerkt man denn doch ein kleines Glimmen von Schelmerei. Ich fürchte, es ist über das Semisäcular-Fest, von dem man hier spricht, als wäre es der Stistungstag. Ueber den Pastor drückt sich Herr Gilpin vortrefflich aus; er sagt: jedermann der ihn ansehe, glaube, er habe irgendwo ein solches Gesicht und eine solche Perücke gesehen, könne sich aber nicht gleich besinnen, wo? Es ist unmöglich, unsern großen Künstler mit so wenigen Worten mehr zu loben. Augenbrauen, Auge, Mund (sit venia verbo), ja bis auf den Daumen sogar, ist Alles, wie aus einem Stücke geschnitten. – Der Knabe vor der Braut, der beschäftigt ist, ihr einen Polster vorzuschieben, weil es nun bald zum Knieen kommen wird, gehört, wie man aus seinem Krägelchen sieht, zu der Armenschule (charity school) des Sprengels. Sein erbärmlicher Anzug zeigt, daß die Vorsteher die Sache so zu führen wissen, daß die Kinder die Bettelei nicht vergessen. Man kann nicht wissen, ob sie sie nicht wieder einmal brauchen. Rock und Strümpfe sind zerrissen, und aus den Schuhen stehen nicht bloß die Füßlinge der Strümpfe, sondern die Zehen selbst hervor. Da, wie wir bald hören werden, diese Kirche und folglich der ganze Sprengel sehr scharf bezeichnet sind: so muß wohl Hogarth gewußt haben, wen er vor sich hatte, als er so darein schlug.

Wenn man den Blick flüchtig über das Ganze dieser Darstellung hinführt, so erinnert sie leicht an den Prospekt von einem Seehafen an einem rauhen Tage, wo im Vorgrunde Schiffe aller Art friedlich vor Anker liegen, während gleich beim Eingange die Wellen noch hoch aufschlagen, den Ankömmlingen das Einlaufen erschweren und Stöße