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wenn sie mehr auf Subordination zwischen ihren beiden großen Putzmacherinnen, Natur und Kunst, bedacht wären. Wer gemeiniglich ist die letzte, eine freundliche, plauderhafte Hexe, Herrin im Hause, und da ist es denn kein Wunder, wenn die andere sich entweder ganz zurückzieht, oder zuweilen, wenn jene mit ihrem Flitterwerk fertig ist, mit einem einzigen Ruck, aber mit unendlicher Feinheit, ein kleines Contrast-Fleckchen aufdeckt und damit alle Kunst zu Schanden macht. So wäre z. B. das Köpfchen der Braut nicht so übel, wenn man nur die Natur hätte gehen lassen. Denn dadurch, daß der Zufall dem armen Geschöpfe ein Auge wegapostrophirt hat, würde sie nicht häßlich werden: aber da kommt die eben genannte Schwätzerin, und bringt, die Sache gut zu machen, den Schnitzer, durch ein Paar beigeklebte Schönpflästerchen, offenbar in die Errata, daß ihn nun gleich Jedermann finden kann. Ich frage alle Welt, ob das Paar natürlicher Augen, das da, wie ein Jambus (v–) im Gesichte der Braut steht, um ein Haar unerträglicher ist, als der schelmische Kunst-Spondäus (– –) im Gesichte ihres Bräutigams? Ueberdas gilt von dem noch übrigen Auge, was der englische Aristophanes[1] von dem Auge von Lady Pentweazle’s Groß-Tante sagt: „dafür, daß es allein steht, ist es auch ein wahrer Stecher und verschafft ihr drei Männer für einen“[2].


  1. Foote in seinem: Taste.
  2. Da Hogarth hier sich nun einmal über einen Naturfehler oder ein Unglück lustig macht oder zu machen scheint, so mußte der Ausleger den Ton beibehalten. Jedoch ist er dem Gefühle des Künstlers so wohl als seinem eigenen, gewisser Menschen wegen, die Bemerkung schuldig, daß das Lächerliche hier nicht in dem Naturfehler liegt, sondern in der ganzen Aufführung dieser unverkennbaren Närrin. Daß sie in diesen Jahren einen jungen Wollüstling heirathet, macht sie um so lächerlicher, da es sie, gewisser geheimer Rücksichten wegen, so gar verächtlich macht, wozu denn ihr Flitterputz obendrein noch das Seinige sehr reichlich beiträgt. Ob selbst rohe Menschen Jemanden, wegen eines verlornen Auges, verspotten sollen oder nicht, hängt größtentheils von der Aufführung des noch übrig gebliebenen ab.