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neuen Galakleide auf dem Arme, der andere mit der neuen Perücke in der Schachtel. Was dieses für ein Schneider ist, verglichen mit dem Dorf-Theosophen, der die Trauer anmaß! Allein dieser trägt auch das Gewand für den Gala-Tag der Auferstehung in der großen Welt. So wie jener durchaus nach dem Schuster roch, so verkündigt hier, trotz einiger kleinen Aehnlichkeiten in den Gesichtern, Alles den Titular-Etatsrath. Vermuthlich haben beide, Schneider und Perüquier, den Weg hieher in der Kutsche gemacht. Wen mag die lange Figur, neben dem Spiegel, vorstellen? Ein Wesen auf halbem Sold, oder gar ein abgedanktes scheint es fast zu sein. Es hat sicherlich nichts zu bringen, als vielleicht ein Paar Ansprüche auf Rakewell’s Mildthätigkeit, denen es in der Einsamkeit, die es hier unter solchen Menschen erleidet, die beste Form zum Vortrage zu geben sucht. Aber der Poet! Der Poet mit der Epistel an Rakewelln in der Hand! Wer die Seligkeit dieses Mannes, der sich hier seine eigenen Verse vielleicht zum hundertsten Male vorliest, nicht mitschmeckt und mitfühlt, der ist gewiß nie selbst Vater von Versen gewesen, und kennt folglich alsdann eine der größten häuslichen Glückseligkeiten nicht, womit der Himmel das Leben alles dessen zu erheitern gewußt hat, was dichtet oder reimt, es sei nun auf einem Dachstübchen, oder zu Ferney und Twickenham[1]. Man sehe nur hin, wie zärtlich und mit welchen Vaterfreuden er die lieben metrischen Kleinen anblickt, die ihm wieder kindlich entgegen lallen. Die Rechte liegt auf dem Herzen und fordert es zum Zeugen der Wahrheit seiner Gefühle auf; Hand und Mund thun wenigstens alles Mögliche, und die Perücke ebenfalls, denn diese ist ganz vom seligen Voltaire. Wenn man es nicht sonst schon wüßte, daß Hogarth Verse gemacht hat, so ließe es sich aus diesem so flüchtig hingeworfenen Poetasterkopfe schon vermuthen. Es wäre sonst unmöglich zu wissen, daß unter allem was opfert in der Welt, der Dichter das einzige Wesen ist, das sich noch in


  1. Bekanntlich die Wohnsitze von Voltaire und Pope.