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es gewöhnlich im Deutschen durch Liederlicher, und ich habe diesen Ausdruck hier beibehalten zu müssen geglaubt, weil dieses Hogarthische Werk in Deutschland unter dem Namen: Leben des Liederlichen, vorzüglich bekannt ist. Sonst ist allerdings zwar jeder Rake ein Liederlicher, aber nicht jeder Liederliche ein Rake. Die Liederlichkeit hat ihre Gattungen, wie die Poesie, und, was sonderbar ist, auch fast ähnliche. Im Leben des Rake ist durchaus etwas Lyrisches, zumal wenn man mit Sulzern[1] den Charakter des letztern in den Umstand setzt, daß durchaus leidenschaftliche Laune darin herrsche, Vorstellungskraft aber und Verstand etwas bloß Zufälliges sei.

Der eigentliche Rake (männlichen Geschlechts, versteht sich) trinkt, spielt, h....t, spricht von galanten Pillen und Bougies, wie unser einer von candirtem Anis und Gerstenzucker; macht aus Nacht Tag, und aus Tag Nacht. Daher sein ewiger Offensivkrieg mit Gassenlaternen, und seine Activ- und Passivprügelei mit der Wache; ruinirt unschuldige Geschöpfe, die ihn liebten, und schießt sich mit Leuten, deren Ehre er gekränkt hat; wirft überall Geld und Geldeswerth weg, eigenes und fremdes durcheinander, und nicht selten sich selbst hinterdrein, und in all diesem sucht er eine Ehre. Daher geschieht es zuweilen, daß er am Ende noch ein guter, brauchbarer Mann wird, wenn sich seine Begriffe von Ehre ändern, ehe die Kraft verraucht ist: da hingegen der eigentliche liederliche Taugenichts gar keine Begriffe von Ehre hat. Der Letztere erzählt wenig, oder doch weniger, als er thut; der Erstere handelt vorzüglich für die historische Muse, die er gewöhnlich selbst in seinen


  1. Theorie der schönen Künste, Art. Lyrisch.