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besten Recepten, und alle Sonntage hatte sie große Wäsche; die übrige Zeit war sie auf dem Comptoir oder sonst in Geschäften. Vielleicht wird man glauben, sie wäre eine Betschwester gewesen. So etwas würde Popens Einfall noch mehr herabsetzen, denn was ist alltäglicher als Hurenwirthinnen, die Betschwestern sind? Nein! Sie soll wirklich bei ihrem Gebete zuweilen gedacht haben, und das ist differentia specifica, und so wird der Einfall Popens würdig. Man merkt nämlich ausdrücklich von ihr an, daß sie oft weinend den Himmel angefleht habe: Ihr Gewerbe doch – zu – segnen, damit sie – dereinst, von solcher Schande befreit, – ihm ganz im Geist und in der Wahrheit – dienen können möge. War das eine Betschwester? Indessen, diese wohlgemeinte Bitte wurde ihr vom Himmel abgeschlagen. Sie wurde ergriffen, an den Pranger gestellt, und schon beim zweitenmale (dreimal sollte sie die Operation aushalten) von dem Pöbel, einem ganz analogen Sprüchworte gemäß:

„Ich liebe den Verrath und hasse den Verräther,“

so mißhandelt, daß sie starb, ehe es zum dritten Versuch kam. – Das ist doch wohl mehr als gehängt.

Hier steht sie, freilich stark verwittert; der Bewurf fängt an abzufallen, so wie an der Wand des Wirthshauses, die ihrem Kopfe, bedeutungsvoll, zum Grunde dient. Indessen den noch übrigen Reizen die Flucht möglich zu erschweren, hat sie die Hauptschlupflöcher, durch die sie zu entwischen pflegen, mit Pflästerchen verklebt und die verblichenen vermuthlich aufgefrischt. Ich kann mich irren, aber so oft ich diese Nase ansehe, kann ich mich unmöglich enthalten, an Brillenzwang und Schnupftaback zu denken. Uebrigens sieht man wohl, daß das Gesichtchen, zumal der allerliebste Mund, alles mögliche thut, die abschreckenden Spuren zu maskiren, die eine fünfzigjährige Praxis in mancher Gegend zurückgelassen hat. Um ihr Herz dem des armen Mädchens durch die Fingerspitzen näher zu bringen, hat sie den Handschuh ausgezogen, denn die oratorische