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das hier sein Zahnweh mit Branntwein zu tödten sucht, und wessen Geschlecht ist es? Wir beantworten die verfänglichste Frage zuerst. Es bedarf wohl nur einer flüchtigen Inspection, zu sehen, daß es ein Frauenzimmer ist. Das lange Haar, die noch zur Zeit nicht abgewischten Schönpflästerchen, die nicht zu verkennende Breite unter den Hüften hinter der Rocktasche, die ganze Form der Beine und Kniee und die Knieehaltung, die jedermann aus Antiken kennt, setzen dieses schier außer allen Zweifel. Man hat von Seiten des Hemdes objicirt. Aber ist denn das Kleid auch weiblichen Geschlechts? Ein Frauenzimmer, das einen Mannsrock anzieht, zieht auch wohl ein Mannshemd an, wenn Manschetten und Krause nöthig sind. Sollen sich etwa die armen Teufel hier, denen es schon an Raum für das sichtbare Decorum fehlt, noch gar des unsichtbaren wegen, eine unerhörte Gattung von Hemden, ich meine hermaphroditische, anschaffen? Vor ihr auf dem Bette liegen die Beinkleider, die sie anziehen soll. Ich fürchte fast, es ist schon ein vergeblicher Versuch gemacht worden. Der Riemen ist ganz aus der Schnalle gezogen, zum Zeichen, daß die größtmögliche Weite noch zu klein war, oder daß man vorläufig die größtmögliche für die einzige hielt, auf die man rechnen darf. Es ist Thatsache, und jedermann, der die Antike auch nicht studirt hat, weiß es, daß sich das niedlichste Weib in den Beinkleidern selbst des vierschrötigsten Mannes um die Lenden immer beengt findet, ja daß es ihr, in hundert Fällen gegen einen, ohne die gewaltsamsten Dehnungen und Gedankenstriche im Text gar nicht einmal möglich ist, sie anzuziehen. Mit Beinkleidern im figürlichen Sinn, da sie das Sinnbild der Macht sind, und im Hauswesen fast so etwas bedeuten, wie die fasces im römischen Staat, verhält es sich freilich ganz anders. Diese ziehen die verheiratheten Damen einige Wochen nach der Hochzeit nicht selten mit