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Zier-Aeffchen und Viehmagd verliert, wenn man sie einmal aufgefunden hat, aber völlig verschwindet, sobald sich die Absicht des drolligen Künstlers, der sie wirklich hier an den Pranger gestellt hat, völlig offenbart. Auf der Hand hat sie ein Eichhörnchen, auch ein Putznärrchen, und hinter sich einen Papagei in seinem Ringe, auch ein Plappermaul, vermuthlich ein Hieb auf andere Zieräffchen, nicht aus dem Kuhstall, sondern aus der bel-étage des Hauses selbst. Aber, Scherz bei Seite, eine solche Gesellschaft thut wirklich etwas. Diese Thierchen leihen ihren Besitzerinnen, von einem gewissen Alter, immer noch etwas von ihrer Niedlichkeit, und rauben dafür, welches nicht viel weniger werth ist, dem Liebhaber etwas von seiner Aufmerksamkeit, da wo allzuviel zuweilen lästig werden könnte. Mit einem Worte, sobald ein Paar Herzen, die sich gern unterhalten möchten, ihre Muttersprache bereits zu vergessen angefangen haben, welches zuweilen schon im dritten Viertel des Lebens der Fall seyn kann, oder wenn sie um ein Thema verlegen sind, oder stocken, und nach dem Souffleur im Kopfe suchen, da können ein Papagei und ein Eichhörnchen Wunder thun. – Das Ding, das da von ihrer rechten Hand herabhängt, habe ich immer für den Anfang von einem Reitpeitschenstiele gehalten. Herr Ireland aber sagt ausdrücklich: es sey ein Metzger-Stahl (a butcher’s steel.) Es wäre möglich, aber was in aller Welt kann das Mensch da zu stählen oder zu wetzen haben? Nun der Pranger. Mit echtem, genialischem, und hier wahrlich gerechtem Muthwillen hat unser Künstler das Bild dieses Weibsstücks so aufgehängt, daß die Beine eines Kerls, von Salomon’s Schweizergarde, auf der Tapete zu den ihrigen werden, und es läßt, als habe man ihr die Röcke bis über die Kniee abgeschnitten, ohne daß sie es einmal gemerkt hätte. Dieser letzte Umstand macht die Sache eigentlich schön. Durch diesen glücklichen Schnitt wird nämlich das Mensch wirklich zu einem Berg-Schotten (Highlander) geschnitten, ohne daß diesen seine gerühmte second sight[1] nur im


  1. Second sight der zweite Gesichtssinn, das Auge Nro. 3.) heißt die Gabe, Dinge zu sehen, die entweder der Zeit, oder dem Raume nach sehr entfernt sind, und deren sich die obern Schotten, vorzüglich die auf den Inseln, noch immer rühmen.